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04.12.20 / Politik / Meuthen gewinnt die Schlacht von Kalkar / Der AfD-Vorsitzende kritisiert den rechten Flügel und kann seine Macht im Vorstand ausbauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49 vom 04. Dezember 2020

Politik
Meuthen gewinnt die Schlacht von Kalkar
Der AfD-Vorsitzende kritisiert den rechten Flügel und kann seine Macht im Vorstand ausbauen
Robert Mühlbauer

Am Wochenende hat die AfD in Kalkar am Niederrhein einen turbulenten Parteitag hinter sich gebracht. Beschlossen wurde ein Kompromisskonzept zur Rentenpolitik, doch das verkam dann eher zur Randnotiz. Am Sonntag tobte in der Halle im „Wunderland“-Freizeitpark eine Redeschlacht, bei der sich der rechte Teil der Partei heftig über den Vorsitzenden Jörg Meuthen erregte. Dieser hatte zuvor den Parteitag mit einer Wutrede gegen Fehlverhalten und Provokateure vom rechten Rand überrascht. Meuthen warnte davor, mit „unseriösen“ Leuten aus der Bewegung der Corona-„Querdenker“ zu kooperieren. Daraufhin warfen ihm Vertreter der östlichen Landesverbände eine „Kriegserklärung“ vor. Der Thüringer Abgeordnete Jürgen Pohl, ein Vertrauter von Björn Höcke, rief: „Herr Doktor Meuthen, ihre Zeit in der AfD ist vorbei.“ Rückendeckung erhielt Meuthen vom NRW-Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen und vom Berliner Europaabgeordneten Nikolaus Fest.

Aus dem verbalen Schlagabtausch ging Meuthen zwar als Sieger hervor – allerdings präsentierte sich die Partei tiefer gespalten denn je. Der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla blieb in Kalkar eher blass. Ein eindeutiger Erfolg für Parteichef Meuthen waren die Vorstandswahlen: Bei allen drei neu zu besetzenden Posten setzten sich gemäßigte Kandidaten durch, die zu Meuthens Lager zählen, allen voran die hessische Bundestagsabgeordnete Joana Cotar. Die Kandidaten des Rechtsaußen-Flügels um Höcke, der sich formell aufgelöst hat, unterlagen in allen drei Wahlen, wenn auch knapp. Im Bundesvorstand hat Meuthen nun zehn der vierzehn Mitglieder auf seiner Seite. 

Ein Posten im Bundesvorstand war frei, seit die AfD den früheren brandenburgischen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz ausgeschlossen hatte. Der frühere Fallschirmjäger galt als bundesweiter Strippenzieher und Organisator des „Flügels“ und war dort formell die Nummer zwei hinter Höcke. Dieser hielt sich in Kalkar im Hintergrund. Er trat kein einziges Mal selbst ans Saalmikrophon. „Höcke traut sich selbst nicht, er schickt seine Zinnsoldaten vor“, kommentierte dies ein westdeutscher Landesvize.

Einen Defacto-Misstrauensantrag gegen Meuthen hatte der Freiburger Rechtsaußen Dubravco Mandic eingebracht, der vor Jahren damit auffiel, dass er zwischen AfD und NPD keine inhaltlichen Unterschiede sehen wollte. Mandic gilt als Meuthen-Intimfeind, nun warf er ihm „spalterisches Gebaren“ vor. Jüngst wurde der Rechtsanwalt von einem Gericht wegen Nötigung zu 7200 Euro Geldstrafe verurteilt; der baden-württembergische Landesvorstand hat Mandic in einer vorläufigen Entscheidung mit einer zweijährigen Ämtersperre belegt. Das hinderte ihn nicht, nun zum Großangriff gegen Meuthen zu blasen. Letztlich scheiterte dieser.

Weniger als ein Jahr vor der Bundestagswahl hätte ein „Spalter“-Antrag den Parteivorsitzenden extrem beschädigt und die Partei in schweres Fahrwasser gebracht. Ohnehin droht ihr 2021 Ungemach. Es zeichnet sich ab, dass die Landesinnenminister darauf dringen werden, dass der Bundesverfassungsschutz die AfD als „rechtsextrem“ beobachtet. Das würde berufliche Schwierigkeiten für Parteimitglieder im öffentlichen Dienst bedeuten, wenn die Verfassungstreue der AfD in Zweifel gezogen würde. Meuthen will das unbedingt verhindern.

Auch deshalb ruft er zur Mäßigung auf. In seiner Rede in Kalkar hatte er sich gegen überzogene Schlagworte wie „Corona-Diktatur“ und „Ermächtigungsgesetz“ gewandt. Man müsse die unverhältnismäßige Corona-Politik der Regierung Merkel kritisieren, aber nicht mit Begriffen, die die NS-Zeit verharmlosten. Der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland kritisierte, die Rede sie eine „Verbeugung vor dem Verfassungsschutz“ gewesen. Am Sonntag musste Gauland nach einem Sturz mit einem Krankenwagen abtransportiert werden. Zurück blieb eine zerstrittene Partei. In einer Forsa-Umfrage ist die AfD auf 7 Prozent gefallen, der ARD-Deutschlandtrend und INSA sehen sie hingegen bei 11 Prozent.