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04.12.20 / Mietendeckel / Ein Gesetz mit starken Nebenwirkungen / Berliner Wohnungsangebot bricht ein – Vor allem große Einheiten sind immer weniger zu bekommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49 vom 04. Dezember 2020

Mietendeckel
Ein Gesetz mit starken Nebenwirkungen
Berliner Wohnungsangebot bricht ein – Vor allem große Einheiten sind immer weniger zu bekommen

In Berlin ist am 23. November die zweite Stufe des Mietendeckels in Kraft getreten. Bereits im Frühjahr hatte der Senat bei Neuvermietungen von Wohnungen die Mieten gedeckelt. Seit November müssen Vermieter auch bei bestehenden Verträgen die Mieten senken, falls diese mehr als 20 Prozent über den festgelegten Obergrenzen liegen. 

Ob die Eingriffe in den Berliner Wohnungsmarkt tatsächlich fünf Jahre Bestand haben, wie vom Senat vorgesehen, wird sich vermutlich schon im kommenden Frühjahr entscheiden. Das Bundesverfassungsgericht will sich noch vor dem Sommer 2021 mit dem Mietendeckel befassen. Kippen die Karlsruher Richter die Berliner Regelung, kommen auf viele Mieter erheblich Nachforderungen zu. Bei immer mehr Wohnungsangeboten vereinbaren Vermieter daher zur Miete, die dem Mietendeckel entspricht, auch eine sogenannte Schattenmiete: Dieses oft deutlich höhere Entgelt gilt für den Fall, dass Karlsruhe den Mietendeckel wieder einkassiert. Zu ihrer Sicherheit behalten sich viele Vermieter in den Verträgen ausdrücklich vor, die entsprechende Differenz nachzufordern.

Kfz-Stellplätze plötzlich teurer

Verbraucherschützer und Rechtsanwälte berichten inzwischen auch über Fälle, bei denen zwar die Wohnungsmiete gesenkt wurde, gleichzeitig aber die Entgelte für Kfz-Stellplätze um hunderte Euro hochgeschraubt wurden. Laut „Immoscout24“, einer Internetplattform für Wohnungen, hat der Deckel zudem inzwischen zu einem deutlichen Rückgang von Wohnungsangeboten geführt. Demnach ist das Angebot innerhalb eines Jahres um ein Viertel geschrumpft. Bei Wohnungen mit einem Baujahr vor 2014 ermittelte „Immoscout24“ sogar einen Rückgang von fast 50 Prozent. 

Dieser Mangel an Angeboten hat das Potential, schon länger laufende Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt der deutschen Hauptstadt noch zu verstärken: Innerhalb Berlins wird immer weniger umgezogen. Zudem finden Familien mit Kindern in der Stadt immer schlechter große Wohnungen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen wies auf eine deutliche Abnahme der Fluktuation hin. Weil insbesondere Wohnungsangebote für mittlere und große Haushalte fehlen, ziehen die Berliner innerhalb der Stadt immer weniger um. 

Familien haben das Nachsehen

Die Mietendeckelung verringert für die Bewohner großer Wohnungen zusätzlich den finanziellen Anreiz, sich beispielsweise nach dem Auszug der Kinder nach einer kleineren Wohnung umzusehen. Obendrein werden immer weniger große Wohnungen neu gebaut. Wie aus den Daten des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg hervorgeht, errichten Bauträger inzwischen bevorzugt Wohnungen mit weniger als drei Zimmern.

Im vergangenen Jahr hatte in Berlin schon jede zweite neu gebaute Wohnung nur ein oder zwei Zimmer. Vor einem Jahrzehnt hatten Bauträger stattdessen noch stark auf große Wohnungen gesetzt. Beobachter sehen hinter dem Trend vor allem die Renditeerwartungen von Investoren, die sich offenbar mit kleinen Wohnungen besser realisieren lassen. Als Folge der Entwicklung wird es für Familien mit Kindern immer schwieriger, in Berlin eine passende Heimstatt zu finden. Dementsprechend hoch ist die Abwanderung von Familien in das brandenburgische Umland. N.H.