25.04.2024

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04.12.20 / Kolumne / Werbung, werbefrei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49 vom 04. Dezember 2020

Kolumne
Werbung, werbefrei
Theo Maass

Stört Sie Werbung an öffentlichen Orten? Mitunter nervt sie – vor allem, wenn sie aggressiv daherkommt. Gut oder nicht gut. Aber haben wir nicht andere Sorgen? Immigrantengewalt, Corona, Verkehrsprobleme, Sicherheit der Renten, Obdachlosigkeit – eine endlose Kette. 

Fadi El-Ghazi, Rechtsanwalt aus Berlin-Neukölln, sieht das offenbar anders. Die erste Stufe zu einem Volksbegehren, 20.000 gültige Unterschriften, nahm El-Ghazi für seine Initiative „Berlin-Werbefrei“ mühelos – es wurden sogar 32.456. Den Stadtoberen gefiel das begreiflicherweise nicht. Doch anstatt nun in aller Ruhe abzuwarten, dass die Initiative sich bei der zweiten Stufe, die 175.000 Unterschriften erfordert, einfach totläuft, versuchte der Berliner Senat, El-Ghazi auszutricksen. 

Der von der Initiative vorgelegte Gesetzentwurf sei „verfassungswidrig“ und damit unzulässig, hieß es aus dem Rathaus. Doch nun hat das Berliner Verfassungsgericht dem Senat dessen Verdikt um die Ohren gehauen und El-Ghazi bescheinigt, dass seine Initiative sehr wohl zulässig sei – wenn auch mit kleinen Nachbesserungen.

Bislang war dieses Volksbegehren nur eine „Insiderangelegenheit“ gewesen. Mit dem Winkelzug der Nichtzulassung verschaffte der Senat der Initiative jedoch eine öffentliche Aufmerksamkeit, die sie sonst kaum erlangt hätte. 

Das Begehren hat noch einen Nebenaspekt: 2017 scheiterte El-Ghazi mit einer Klage zwar vor dem Bundesverfassungsgericht. Aber er verschaffte sich damit öffentliche Aufmerksamkeit. Das Gleiche gilt nun für seine Initiative. Eine Klientel, die sich für ein solches Anliegen interessiert, dürfte sich, wenn sie etwas anderes hat, für das ein Anwalt benötigt wird, in die Kanzlei El-Ghazis begeben.