25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
04.12.20 / Spielwaren-Renaissance / Die eigene heile Welt zu Hause / Zurück zu Modelleisenbahn und Co.: Der Lockdown beschert Firmen wie Märklin einen unverhofften Aufschwung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49 vom 04. Dezember 2020

Spielwaren-Renaissance
Die eigene heile Welt zu Hause
Zurück zu Modelleisenbahn und Co.: Der Lockdown beschert Firmen wie Märklin einen unverhofften Aufschwung
Peter Entinger

Die Corona-Krise trifft viele Einzelhändler. Etliche fürchten um ihre Existenz, beklagen den Verlust von Kunden an den Online-Handel. Doch es gibt auch Branchen, die von der aktuellen Situation profitieren. Längst aus der Mode gekommene Spielwaren wie die Miniatur-Eisenbahn erfreuen sich plötzlich wieder großer Beliebtheit. 

„Es gibt extrem viele Leute, die sich neu mit dem Hobby beschäftigen und Aufbauhilfe brauchen“, freut sich der Geschäftsführende Gesellschafter Florian Sieber über die Kunden des Göppinger Unternehmens Märklin, das zuletzt eine rege Nachfrage bei seiner Service-Hotline verzeichnete. „Die Auftragslage ist extrem positiv“, so Sieber zum „Handelsblatt“. Probleme gebe es allerdings dennoch. „Wir können die Neuheiten nicht in der Größenordnung liefern, wie wir das geplant hatten“, erläutert der Märklin-Manager. Denn im Frühjahr, als die Geschäfte des Einzelhandels geschlossen waren, standen auch die Produktionsstätten teilweise still.

„Corona-Zeit ist Familien-Zeit“

Die Spielwarenbranche zähle generell zu den Gewinnern der Pandemie, betont Ulrich Brobeil vom Deutschen Verband der Spielwarenindustrie. „Die Entwicklung zeigt erneut, dass an Spielzeug nicht gespart wird.“ Der Verband verzeichnet eine Umsatzsteigerung in zweistelliger Höhe bei seinen Mitgliedern. „Corona-Zeit ist Familien-Zeit“, so der Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels, Steffen Kahnt. Die Verbraucher in Deutschland würden deshalb mehr Geld für Spielzeug ausgeben. Den Prognosen zufolge werden es am Ende des Jahres 3,7 Milliarden Euro sein, acht Prozent mehr als im Vorjahr.

Die Branche setzt vor allem auf das anlaufende Weihnachtsgeschäft. Auch die Tatsache, dass viele Menschen derzeit Freizeitaktivitäten draußen meiden und die Winterurlaubs-Saison wohl ausfallen wird, könnte für einen weiteren Umsatzboom sorgen. 

Für Probleme könnte, wie der Fall Märklin zeigt, die teilweise schleppende Produktion sorgen. Die Firma produziert seit Jahren in Ungarn, dort stand eine Fabrik zwei Monate lang still. „Die Leute sind in der Zeit zum Glück bereit, länger auf die Produkte zu warten. Dennoch ist es für uns ärgerlich“, sagt Sieber. 

Früher galt die Modelleisenbahn als zeitintensives und vor allem teures Hobby. Im Vergleich zu elektronischen Unterhaltungsmedien sind die Produkte aber verhältnismäßig günstig geworden. Und Zeit spielt angesichts der derzeitigen Situation ohnehin eine eher untergeordnete Rolle.  „Den Herstellern ist es gelungen, das Hobby stärker zu emotionalisieren, einen Imagewandel zu erreichen und neue Zielgruppen jenseits der klassischen Klientel anzusprechen“, sagt Brobeil und fügt hinzu: „Man kann sich seine eigene heile Welt bauen, unabhängig von dem, was draußen passiert.“ 

Märklin richtet den Blick schon auf die Zeit nach der Pandemie. Die aktuelle Situation sei eine „gute Gelegenheit neue Kunden zu gewinnen, die Herausforderung bestehe darin, sie langfristig zu halten“, erklärt das Unternehmen.