20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.12.20 / Politik / Führungslos und abhängig von Rot-Grün / Die jüngsten Zerwürfnisse in Sachsen-Anhalt offenbaren auch die strategische Schwäche der Bundes-CDU

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Politik
Führungslos und abhängig von Rot-Grün
Die jüngsten Zerwürfnisse in Sachsen-Anhalt offenbaren auch die strategische Schwäche der Bundes-CDU
René Nehring

Noch ist nicht abzusehen, wohin die aktuellen Verwerfungen der sachsen-anhaltischen Landespolitik am Ende führen werden. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass „Magdeburg“ zu einem Menetekel für die im Land und im Bund regierende CDU werden könnte. 

Am vergangenen Freitag entließ Ministerpräsident Reiner Haseloff den Innenminister und bisherigen Landesvorsitzenden seiner Partei, Holger Stahlknecht. Vorausgegangen war ein Streit um die Haltung der Landes-CDU zum Rundfunkstaatsvertrag und zur damit verbundenen Erhöhung der Rundfunkbeiträge (siehe auch Seite 4). Während die Regierungspartner SPD und Grüne – entgegen dem Koalitionsvertrag, der eine Beitragsstabilität vorsieht – für den Staatsvertrag stimmen wollten, war die Mehrheit der Union strikt dagegen. Hinzu kam, dass auch die AfD gegen den Staatsvertrag ist – und somit die Möglichkeit im Raum stand, dass die Union mit der Oppositionspartei abstimmen würde. 

Haseloff versuchte lange, zwischen den verhärteten Fronten zu vermitteln. Dass Stahlknecht am Freitag in einem Interview mit der „Volksstimme“ auf die Frage, wie seine Partei reagieren würde, wenn SPD und Grüne über den Streit um die Gebührenerhöhung die gemeinsame Koalition beendeten, unabgestimmt erklärte, „dann käme es zu einer CDU-Minderheitsregierung“, wertete der Regierungschef als Vertrauensbruch – und entließ seinen Innenminister. 

Am Dienstag dann erklärte Haseloff, dass er den Staatsvertrag nicht dem Landtag zur Abstimmung vorlegen werde – und sorgte somit für eine vorläufige Beruhigung des Konflikts. Zumindest des Konflikts mit den rot-grünen Koalitionspartnern. Die Verwerfungen innerhalb seiner eigenen Partei dürften bleiben. 

Symbolhaft für den Bund

In der vielfältiger gewordenen Parteienlandschaft der letzten Jahre war die Strategie der CDU darauf ausgelegt, flexibel mit möglichst vielen Partnern (außer AfD und Linkspartei) Koalitionen bilden zu können. Dafür wurden nach und nach jahrzehntelange Grundsätze wie das Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft (an deren Stelle – siehe die Energiewende – eine gelenkte Staatswirtschaft trat), das klassische Familienbild, die Wehrpflicht und die defensive Haltung in der Einwanderungspolitik abgeräumt. 

In einer Zeit, in der die weltanschaulichen Prägungen an gesellschaftlicher Bindekraft verloren haben, ging dieses Konzept – insbesondere im Vergleich zur SPD, die weiter an alten Ideologien festhielt – lange Zeit auf. Vor allem im Bund kann gegen CDU und CSU faktisch keine Regierung gebildet werden. Sachsen-Anhalt zeigt nun jedoch die Grenzen dieser Strategie. Da es kaum noch zu Mehrheiten mit der FDP reicht, und da jedwede Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist, ist die Union entweder Rot oder Grün oder beiden faktisch ausgeliefert. 

Sachsen-Anhalt zeigt jedoch auch, dass zumindest in den Reihen der Hinterbänkler die von der Führung in Bund und Landesverbänden verkündete Abgrenzung zur AfD aufweicht. Zumindest sind viele Abgeordnete nicht mehr gewillt, Positionen nur deshalb abzulehnen, weil auch die AfD dafür stimmt. 

Nicht zuletzt offenbaren die Vorgänge in Magdeburg die aktuelle bundespolitische Führungslosigkeit der Union. Wie in Thüringen im Frühjahr sah die Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer auch diesmal schweigend zu, wie ein lokaler Konflikt nicht nur eine eigene Landesregierung zerreißt, sondern auch die Bundespartei zu beschädigen droht. Nun rächt es sich, dass „AKK“ noch immer im Amt und auch der inhaltliche Kurs der Partei ungeklärt ist. Diese Führungsschwäche nimmt die Union mit in das „Superwahljahr 2021“, in dem nicht nur im Bund und in Sachsen-Anhalt Wahlen anstehen, sondern auch in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Angesichts der ungelösten Führungsfrage droht der Union dann ein böses Erwachen.