26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.12.20 / Arbeiterwohlfahrt / Nur die Spitze des Eisbergs / Der Skandal um Vetternwirtschaft bei der hessischen AWO zieht immer weitere Kreise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Arbeiterwohlfahrt
Nur die Spitze des Eisbergs
Der Skandal um Vetternwirtschaft bei der hessischen AWO zieht immer weitere Kreise
Bodo Bost

Maßlos überhöhte Gehälter, Luxusfahrzeuge als Dienstwagen und eine Mentalität der Selbstbedienung zerfressen die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Hessen. Die AWO kümmert sich als Spitzenverband der Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik Deutschland um Behinderte und Senioren. Sie betreibt Kindergärten, Schulen, psychiatrische und forensische Kliniken, Kurheime und Beratungsstellen für Asylsucher, Immigranten und Menschen in den verschiedensten Notlagen. Da passt Nepotismus einzelner Führungspersonen und Angestellter äußerst schlecht in das Bild der SPD-nahen Organisation. Die Arbeiterwohlfahrt in Hessen ist jedoch seit Jahren immer mehr zum Selbstbedienungsladen hochrangiger Sozialdemokraten geworden.

Vor allem die Ortsverbände Frankfurt und Wiesbaden sind skandalumwoben. Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann ist schwer beschädigt. Zübeyde Feldmann, die Ehefrau des Oberbürgermeisters, war Leiterin der deutsch-türkischen AWO-Kita „Dostluk“ (Freundschaft) in Frankfurt. Dafür bekam sie nicht nur ein völlig überhöhtes Gehalt, sondern auch ein Luxusauto als Dienstwagen, was in diesem beruflichen Sektor absolut unüblich ist. 

Feldmann war vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister 2012 selbst Leiter eines AWO-Altenhilfezentrums. Deshalb war seine Ausrede, dass er vom Gehalt seiner Frau nichts gewusst habe, unglaubwürdig. Er wurde der offensichtlichen Lüge überführt, aber dies hatte für ihn keine Konsequenzen, außer dass er versprach, die überhöhten Bezüge und das Geld für den unrechtmäßigen Dienstwagen zurückzuzahlen. 

Kreisverband beantragte Insolvenz

Doch die Affäre um Zübeyde Feldmann ist nur die Spitze des Eisbergs. Auch andere Vergütungen in den Kreisverbänden Frankfurt, Wiesbaden und Hessen-Süd waren außergewöhnlich hoch. Sie betrugen teilweise mehr als 300.000 Euro im Jahr. Dies ist für einen gemeinnützigen Sozialverband völlig unangemessen. In anderen Kreisverbänden wurde für solche Leitungsstellen maximal ein Drittel davon gezahlt. 

Der für die Aufsicht zuständige AWO-Bezirksverband Hessen-Süd hat vollständig versagt. Er hat offenbar gegen interne Regeln verstoßen. Es kam offenbar zur Vermischung von Aufsicht und Geschäftsführung. Inzwischen ermitteln sogar die Staatsanwaltschaften in Frankfurt und Wiesbaden wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug gegen führende Funktionäre der AWO, und auch das Revisionsamt der Stadt Frankfurt hat sich eingeschaltet.

Der Kreisverband Hessen-Süd der AWO steckt infolge der Vetternwirtschaft in derart großen finanziellen Schwierigkeiten, dass er bereits einen Insolvenzantrag gestellt hat. Zuvor hatte das Bundesschiedsgericht des Wohlfahrtsverbandes den Vorstandsvorsitzenden des Bezirksverbandes Hessen-Süd, Wilhelm Jost, seines Amtes enthoben.