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11.12.20 / Analyse / Polizei am Pranger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Analyse
Polizei am Pranger
Erik Lommatzsch

Es gibt Begriffe, die sind jedem geläufig.  Und es gibt Zeiten, da erfreut sich der eine oder andere davon einer medialen Dauerpräsenz. Suggeriert wird so, dass es sich um ein aktuelles, mit einer dringend zu lösenden Problematik verbundenes Phänomen handelt. Einer dieser Begriffe lautet „Polizeigewalt“. Seit einigen Monaten werden damit verstärkt Schlagzeilen produziert, in der Regel mit anklagendem Charakter und unter Vermittlung des Eindrucks einer allgemeinen, immer weiter um sich greifenden Tendenz.

Der Übergang der Gewalt in das Monopol des Staates gilt als ein wesentliches Charakteristikum der Neuzeit. Über die – lange als fortschrittlich geltende – Idee kann man bei Klassikern der Staatstheorie wie Jean Bodin oder Thomas Hobbes nachlesen. Max Weber, der soziologische Klassiker schlechthin, formulierte: „Staat soll ein politischer Anstaltsbetrieb heißen, wenn und insoweit sein Verwaltungsstab erfolgreich das Monopol legitimen physischen Zwanges für die Durchführung der Ordnungen in Anspruch nimmt.“ 

Am Gedanken der Legitimation des Staates, diesen physischen Zwang im Rahmen seiner Gesetze zur Aufrechterhaltung des Gemeinwesens im Bedarfsfall mit der Polizei als einem der wesentlichen Vollzugsorgane der Exekutive durchzusetzen, werden nun erhebliche Zweifel gestreut. Deutlichen Aufwind erfuhr eine klare Position beziehende „Berichterstattung“ mit dem Tod des Kriminellen George Floyd im US-Bundesstaat Minneapolis im Mai. 

Neben dem Rassismus-Vorwurf prägte der Begriff „Polizeigewalt“ die entsprechenden Nachrichten. Unabhängig von der Bewertung des Handelns der Polizisten wurde der Anlass der Festnahme meist völlig ausgeblendet. Ähnliches gilt für eine Reihe anderer Fälle, welche die Medien vorrangig mit Fokus auf die „Polizeigewalt“ präsentierten. Dies ist bei Weitem nicht nur auf die USA beschränkt. 

Systematischer Vertrauensverlust 

In der „Welt“ hieß es über einen Vorgang in Paris: „Polizei räumt gewaltsam Migranten-Camp“. Kommt es bei den derzeitigen Demonstrationen in Frankreich, welche sich laut „Tagesschau“-Homepage „gegen ein umstrittenes Sicherheitsgesetz und Polizeigewalt“ richten, zu Ausschreitungen bei den Protesten, so finden diese lediglich „am Rande“ statt. Hingegen heißt es bezüglich des Vorgehens gegen einen Musikproduzenten: „Wieder Polizeigewalt in Frankreich“.

Und auch hierzulande gibt es Entsprechendes zu vermelden. So klagte die „taz“ im August: „Videos von Polizeihandlungen zeigten in den vergangenen Tagen Fälle von Polizeigewalt. Die Verantwortlichen wiegeln oft noch ab.“ Der MDR berichtete Mitte November auf seiner Website über eine „Studie zu Polizeigewalt“ mit der Spezifizierung: „Die Polizei und ihr latenter Rassismus“.

Die Medien greifen auf, die Zuständigen handeln. Da muss es nicht einmal zu „Gewalt“ gekommen sein, auch anderes reicht aus, um „Verfehlungen“ der Polizei anzuprangern, etwa: „Disziplinarverfahren gegen 17 Polizisten wegen rechter Chatgruppe“. 

Dass es Verfehlungen von Amtsträgern und natürlich auch von Polizisten gibt, die zu ahnden sind, dass es Beamte gibt, die sich als ungeeignet für ihren Beruf erweisen, soll nicht in Frage gestellt werden. Bemerkenswert und hochgradig gefährlich für die Zukunft der öffentlichen Ordnung ist das deutlich erkennbare Bestreben, die Polizei insgesamt zu diskreditieren und zu delegitimieren. In der öffentlichen Wahrnehmung verkommt sie dadurch am Ende zu einem Akteur unter vielen, zudem noch anfällig für Gewalttaten. Das Vertrauen, welches grundsätzlich in die Polizei vorhanden sein sollte, wird systematisch untergraben.

Vor diesem Hintergrund erscheinen Meldungen über Angriffe auf die Polizei – über die gegenwärtig ohnehin zurückhaltend berichtet wird – in einem anderen Licht als früher. Selbst wenn es nicht explizit ausgeführt wird, so erhalten die Taten durch das mehr und mehr verfestigte Bild der „gewalttätigen“ Polizei zumindest einen Anflug von moralischer Berechtigung. Dies gilt für linksextreme Anschläge auf eine Polizeiwache in Leipzig-Connewitz ebenso wie für den Vorgang im Dannenröder Forst Ende November, der einige Beamte beinahe das Leben gekostet hätte und als versuchter Totschlag gewertet wird.

Sollte sich die Berichterstattung fortsetzen, welche das „Problem“ einer verbreiteten, zumindest latenten „Polizeigewalt“ weiter in den Köpfen verankert, so wäre der ideale Boden bereitet, um, neben vielem anderen, auch die Polizei abzuschaffen. Dann sogar mit gutem Gewissen.