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11.12.20 / Königsberg / „Bellevue“ als Vorbild / Ein Neubau in Königsberg will an die Vergangenheit erinnern – Architekt Alexander Baschin war Ideengeber

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Königsberg
„Bellevue“ als Vorbild
Ein Neubau in Königsberg will an die Vergangenheit erinnern – Architekt Alexander Baschin war Ideengeber
Jurij Tschernyschew

Anfang Oktober wurden die Gerüste des neuen Wohnkomplexes, der am Ufer des Schlossteichs in Königsberg gebaut wurde, entfernt. Bei der Erteilung der Baugenehmigung für diesen Komplex versicherten die Stadtbehörden, dass auf dem Gelände neben der Stadthalle, dem heutigen Regionalmuseum für Geschichte und Kunst, „eines der schönsten Gebäude“ Königsbergs wiederaufgebaut werde.

Das historische Gebäude, das der Bauträger nachzubilden versuchte, wurde Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und war auf vielen Königsberg-Postkarten zu sehen. Es beherbergte die Pension „Königlicher Garten“, aber der Name des Restaurants „Bellevue“ war allen Königsbergern bekannt.Das Restaurant befand sich 1941 im Erdgeschoss der Pension, nebst einem Zigarrenladen und einem Fotostudio. Im August 1944 wurde das Gebäude nach einem Angriff der britischen Luftwaffe durch Brandbomben beschädigt und während des Sturms der Roten Armee auf Königsberg im April 1945 noch schwerer zerstört. Ende der 1950er Jahre trug man die Ruinen des Gebäudes ab.

Ruinen wurden 1950 abgetragen

Ende 2016 begannen die Bauarbeiten für einen Wohnkomplex am Schlossteich. Als ein Zaun um das Gelände für den Bauplatz gezogen wurde, versuchten viele Stadtbewohner, den Bau zu stoppen. Damals wurden zwei Petitionen im Internet veröffentlicht: In einer davon forderten die Stadtbewohner ein Ende der Bauarbeiten, und in einer weiteren das Verbot jeglicher modernen Bebauung im historischen Stadtzentrum. Auf die Entscheidung der Behörden hatte dies jedoch keine Auswirkungen. Der ehemalige Bürgermeister Alexander Jaroschuk teilte auf alle Fragen mit, dass die Unterlagen des Bauträgers in Ordnung seien und „dort in Übereinstimmung mit allen städtebaulichen Normen eines der schönsten Gebäude, das bei den Deutschen gestanden hatte, restauriert wird“.

Über knapp vier Jahre erstreckten sich die Bauarbeiten, bis der Neubau endlich  vor den Augen der Königsberger in seiner ganzen Pracht sichtbar wurde. Ein Teil der Fassade des neuen Gebäudes ähnelt tatsächlich dem bekannten Königsberger Vorbild, allerdings besteht es aus zwei Gebäudeteilen. Nach dem Plan der Architekten sollen die zukünftigen Bewohner des Hauses  nicht nur behaglich wohnen können, sondern auch die Möglichkeit haben, an der Geschichte der Stadt teilzuhaben. Ursprünglich wurde die neue Wohnanlage „KoenigHaus“ genannt, aber im Mai 2018 wurde der Name in „Rossgarten“ geändert. Auf der Projekt-Website wurde erklärt, dass die Entscheidung „durch kommerzielle Interessen motiviert“ sei. 

Der Komplex heißt „Rossgarten“

Wie in offiziellen Dokumenten angegeben, war der Generalplaner die Firma des ehemaligen Königsberger Architekten Alexander Baschin „BaltCityService“. Wie der Bauherr versicherte, wurde das Konzept auf der Grundlage historischer Fotografien und unter Berücksichtigung der ursprünglichen Ausmaße des Gebäudes entwickelt. Die Höhe der Anlage wurde mit bis zu 29 Metern angegeben, und bei einer Turmspitze von bis zu 40 Metern haben die Gebäude zwischen acht und neun Etagen. Laut Baugenehmigung verfügt der Komplex neben 234 Wohnungen auch über Cafés, zwei Billardsäle und Büros. Die Kosten für die Wohnungen liegen im Durchschnitt bei umgerechnet 1000 bis 1360 Euro pro Quadratmeter. Etwa 80 Prozent der Wohnungen sind trotz der für das Königsberger Gebiet recht hohen Kosten bereits verkauft. Es gilt als Prestigefrage, eine Wohnung am Ufer des Schlossteichs zu besitzen.