25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.12.20 / Für Sie gelesen / „Schwierig bis ungenießbar“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Für Sie gelesen
„Schwierig bis ungenießbar“
Dagmar Jestrzemski

Der 1938 im schlesischen Hirschberg [Jelenia Góra] geborene Schriftsteller, Lyriker und Essayist Harald Gröhler veranstaltete und moderierte in den 1970er bis 1990er Jahren in Köln hunderte hochkarätige Autorenlesungen. Indem er für die Hotelunterkunft und einen angenehmen Aufenthalt seiner Gäste sorgte, kam er in näheren Kontakt mit den Großschriftstellern der Nachkriegsjahrzehnte und den Kultautoren der 68er-Generation. 

Von seinen Begegnungen mit den illustren Schriftstellerkollegen und dem, was ihm darüber hinaus noch berichtenswert erschien, handeln 

53 anekdotische Geschichten, die Gröhler in seinem neuen Buch „Dichter! Dichter!“ zusammengefasst hat. Die meisten der hier in Erinnerung gerufenen Schriftsteller sind längst verstorben. Einige von ihnen lernte Gröhler kennen, wenn er die bekannte Fotografin Brigitte Friedrich zu verabredeten Fototerminen begleitete. Mit ihren Porträtfotos sind viele Einzelkapitel ausgestattet.

Porträts großer Autoren 

Gröhler traf unter anderem Thomas Bernhard, Wolf Biermann, Hans Magnus Enzensberger, Erich Fried, Gisela Elsner, Peter Handke, Heinrich Böll, Ernst Jandl, Marie Luise von Kaschnitz, Walter Kempowski, Wolf Wondratschek, Wolfgang Koeppen, Reinhard Lettau, Friederike Mayröcker, Gabriele Wohmann, Peter Rühmkorf, H.C. Artmann und Gerhard Zwerenz. 

Auffällig viele Vertreter der Schriftstellergeneration der 60er bis 80er Jahre gerierten sich offenbar als Exzentriker, waren schwierig bis ungenießbar im persönlichen Umgang. Gröhler unterscheidet dennoch pflichtgemäß zwischen Person und Werk. Seinerseits hält er nicht hinter dem Berg mit wenig schmeichelhaften Zuschreibungen, insinuiert durch Hervorhebungen von Eitelkeit oder hervorstechenden Geschäftssinn. In einigen Fällen scheute er selbst vor grenzüberschreitenden Enthüllungen à la Boulevard-Journalismus nicht zurück – aus Gründen der Absatzförderung für sein Buch? 

Viele waren Exzentriker

An diesem Buch mit Dutzenden jahrzehntelang zurückliegenden Erfahrungsberichten fällt auf, dass die auf den Punkt gebrachte Wiedergabe von Beobachtungen und Gesprächen des Autors mit den vielen prominenten Schriftstellerpersönlichkeiten den Eindruck erweckt, als lägen diese Begegnungen lediglich ein paar Jahre zurück. Wie das zustande kam, erklärt der Autor nicht. Er lieferte weder eine Vorbemerkung noch ein Nachwort mit. Der Klappentext verrät lapidar: Harald Gröhler hat seine Begegnungen aufgezeichnet. Nun gut, herausgekommen ist ein flott geschriebenes, trotz allem sehr unterhaltsames Buch auf der Basis von subjektiven Wahrnehmungen und der Wirkungskraft berühmter Namen.  

Harald Gröhler: „Dichter! Dichter! So begegneten sie mir“, Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2019, broschiert, 308 Seiten, 24,80 Euro