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18.12.20 / „So entsteht totalitäres Denken“ / Über die Ausgrenzung unbequemer Meinungen aus dem Debattenspektrum, die Diskreditierung der Sicherheitsbehörden und die Zersetzung rechtsstaatlich-demokratischer Strukturen durch Parallelgesellschaften bildende Islamisten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52 vom 18. Dezember 2020

„So entsteht totalitäres Denken“
Über die Ausgrenzung unbequemer Meinungen aus dem Debattenspektrum, die Diskreditierung der Sicherheitsbehörden und die Zersetzung rechtsstaatlich-demokratischer Strukturen durch Parallelgesellschaften bildende Islamisten
Bernd Kallina

Im Gespräch mit Hans-Georg Maaßen

Im Jahre 2018 wurde er im Gefolge der Demonstrationen von Chemnitz nach der Tötung eines Deutschen durch Migranten als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Hauptgrund dafür war ein Zerwürfnis mit der Kanzlerin und dem Innenminister über die Deutung der Ereignisse in der sächsischen Industriestadt. Die Rede ist von Hans-Georg Maaßen, promovierter Jurist und langjähriger Spitzenbeamter beim Bund. Heute arbeitet er als Rechtsanwalt für eine Kölner Medienrechtskanzlei und ist Mitglied der CDU-nahen Werteunion.  

Herr Maaßen, zunächst ein Rückblick auf die Demonstrationskonflikte von Chemnitz 2018: Sie mussten damals im Gefolge der dortigen Ereignisse als Verfassungsschutzpräsident gehen,  weil Sie öffentlich Ihre Erkenntnisse hervorhoben: „Es gab keine Hetzjagden auf Ausländer, keine Pogrome“. Ihre Bilanz nach zwei Jahren?

Ich hatte unterschätzt, wie die Deutungshoheit auf diejenigen übergegangen war, die aus der Lüge eine Wahrheit machen wollten und aus der Wahrheit eine Lüge. Jahrelang war es vorher doch so, dass in vergleichbaren Konfliktlagen zumindest beide Seiten in einigermaßen ausgewogener Weise zu Wort kamen. Dass der weitaus größte Teil der öffentlich-rechtlichen Medien zu dem Zeitpunkt schon überwiegend linkslastig war, wusste ich durchaus. Auch rechnete ich damit, dass ein Großteil der rot-grünen Medien die Antifa-Deutung 1 zu 1 übernehmen würde. Aber, dass nahezu hundert Prozent aller Medien desinformatorisch berichten würden, das fand ich dann doch überraschend. 

Diese Tendenz hält offensichtlich an. So bestätigte eine kürzlich veröffentlichte Studie unter ARD-Volontären diese Dominanz; über 90 Prozent gaben an, bei Wahlen für die SPD, die Grüne und die in Linkspartei umbenannte SED zu stimmen. Wo bleibt da die Ausgewogenheit?

Es gibt sie nicht! Das muss man einfach bei den öffentlich-rechtlichen Medien feststellen. Die linke bis linksextreme Deutungshoheit ist inzwischen so stark, dass damit ganz offen umgegangen sowie die Kritik an der penetranten Einseitigkeit und dem Mangel an fairer Berichterstattung einfach übergangen wird. 

Hinken nichtlinke Institutionen, Vereine und Parteien im Bereich der Journalistenausbildung massiv hinterher, sind konservative Persönlichkeiten in den Medien deswegen kaum vertreten?

Ja, aber der Sachverhalt ist komplexer. Die Problematik beginnt damit, dass die politische Linke schon seit den 1950er Jahren Medien in Deutschland gezielt unterwanderte. Ganz im Sinne der kulturrevolutionären Strategiekonzepte des italienischen Marxisten Antonio Gramsci, die er in seinen „Gefängnisheften“ entwickelte. Sie zielen auf politisch-kulturelle Deutungshegemonie der Linken, vor allem über die Beeinflussung durch Medien. Das hatte frühzeitig bereits Konrad Adenauer als staatspolitisches Problem erkannt und versuchte, gegenzusteuern, als er damals alternativ ein zweites Deutsches Fernsehen einrichten wollte. Helmut Kohl war sich der Problematik ebenfalls bewusst. Schon zu Zeiten dieser CDU-Kanzler waren die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überwiegend links besetzt, wenn auch nicht so weit fortgeschritten wie heute. 

Mit offenbar beunruhigenden Folgen: Laut diverser Umfragen sind inzwischen über 70 Prozent der Menschen in Deutschland der Meinung, dass sie sich nicht mehr bei bestimmten Themen frei und ohne Furcht vor einer Ausgrenzung äußern könnten. Ein Demokratie-Problem?

Ja, und es besteht darin, dass durch diese Ausgrenzungen gegen Bürger mit konservativ-kritischen Meinungen der demokratische Bogen unzulässig eingeschränkt wird. So entsteht totalitäres Denken, wenn man nur noch bestimmte Positionen vertreten darf, andernfalls Sanktionen einsetzen. Und auf diesem Weg sind wir, das sehe ich mit Sorge! So verlassen wir den Weg von der liberalen Demokratie in Richtung demokratischem Zentralismus nach Lenin, wo bestimmte linke intellektuelle Kader meinen, der Menschheit vorgeben zu können, was sie zu sagen und zu denken haben. 

Die jüngsten Kampagnen richteten sich gegen die Bundeswehr, Polizei und Nachrichtendienste. Diese, so die Vorwürfe, seien geprägt von Rechtsradikalismus, autoritärer Gesinnung und Widerstand gegen den Primat der Politik. Sie sehen bei vielen dieser Kampagnen-Akteuren „klassische Methoden von Linksextremisten“ am Werk und bringen den leninistischen Begriff der „Zersetzung“ ins Spiel. Wer „zersetzt“ hier wen und mit welchem Ziel?

Die „Zersetzung“ ist ein Prozess, den Lenin schon 1902 in seiner Schrift „Was tun?“ exakt beschrieben hat und der von vielen linken Intellektuellen aufgegriffen und bearbeitet wurde. Auch war er elementarer Bestandteil der Wühlarbeit kommunistischer Geheimdienste wie der DDR-Staatssicherheit und des KGB. Das Ziel besteht darin, sämtliche bürgerliche Strukturen zu unterwandern und zu zersetzen. Jüngste Beispiele sind zum Beispiel die erwähnten Sicherheitsbehörden. Sie sollen in den Augen der Bevölkerung diskreditiert und delegitimiert werden. Die Überschriften und Kampagnen-Schlagworte heißen heute „Auf dem rechten Auge blind!“, „Anti-Diskriminierung“, „Rassismus-Problem“, „Kampf gegen Rechts“. 

Zur viel besagten „Spaltung der Gesellschaft“: Eine Ursache dafür dürfte die Migrationspolitik der Merkel-Regierung seit 2015 sein. Die damals so ermöglichte illegale Masseneinwanderung wurde von Innenminister Horst Seehofer als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet, der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier charakterisierte sie sogar als einen eindeutigen „Verfassungsbruch“. 

Was seit 2015 hierbei passiert, findet einerseits gegen den erkennbaren Willen eines Großteils der Bevölkerung statt. Der andere Teil wird bewusst mit einem falschen Informationsmanagement in eine pseudo-humanitäre Irre geleitet, Stichwort „Willkommens-Kultur“. ARD und ZDF kommen ihrer eigentlichen Aufgabe, die Politik der Bundesregierung kritisch zu begleiten, nicht nach. Im Gegenteil, sie verstärken durch uferlose Einwanderungspropaganda ein überwiegend illegales Migrationsgeschehen. Dieses verhängnisvolle Zusammenwirken von Politik und unterstützender Medien-Begleitmusik ist das zentrale Problem. Es hat maßgeblich zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen – nicht die legitimen Proteste vieler Bürger dagegen. 

Herr Dr. Maaßen, jahrzehntelang wurde der in Deutschland und Europa grassierende Islamismus kleingeredet, teilweise sogar regelrecht gefördert – bis hin zur Duldung der Auslandsfinanzierung von Organisationen wie Ditib. Nach den jüngsten Anschlägen von Dresden, Paris, Nizza und Wien scheint ein Umdenken einzusetzen, vereinzelt sogar bei der sonst so lageblinden Regenbogen-Linken. Stimmt Sie das optimistisch?

Nein! Vereinzelte Islam-Kritik, auch wenn sie jetzt von links kommt, ist nur Kosmetik. Das Grundproblem besteht darin, dass der islamistische Extremismus eigentlich gar nicht in seiner Tiefendimension zur Kenntnis genommen wird. Wenn es einen Terroranschlag gibt, wird tagelang darüber berichtet, maximal 14 Tage, dann verschwindet das Thema aus der breiten Öffentlichkeit. Aber so furchtbar Terroranschläge mit Todesopfern auch sind, sie sind in gewisser Weise nur warnende Stichflammen, die kurzfristig die Aufmerksamkeit binden. Das grundlegende und dabei weitgehend übersehene Problem besteht aber in der immer stärker werdenden Bildung von Parallelgesellschaften durch Islamisten in unserem Staat. Sie zersetzen mit wachsendem Erfolg unsere rechtsstaatlich-demokratischen Strukturen. Doch das wird von den entscheidenden politischen und medialen Instanzen nach wie vor nicht als zentrales Problem zur Kenntnis genommen, sondern mit der ablenkenden Phrase einer „neuen Normalität“ übergangen. 

Aktuell stehen auf der Agenda der Innenminister im Bund und in den Ländern die volle Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz sowie ein etwaiges Verbot der Partei. Zu ihrer Zeit als Präsident des Bundesamtes waren Sie bei der AfD zurückhaltender. Sehen Sie die Gefahr einer missbräuchlichen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes?

Wissen Sie, Deutschland ist – glaube ich – das einzige Land in der westlichen Welt, das einen Verfassungsschutz einsetzt, um Parteien zu beobachten. Und dann ausgerechnet von einer Behörde, die der regierenden Partei untersteht. Ich hatte mich in meiner Zeit vehement dagegen ausgesprochen, dass der VS durch die Beobachtung von Parteien in den demokratischen Diskurs eingreift, in dem er mitteilt, dass bestimmte Parteien vom Verfassungsschutz beobachtet werden. 

Ich plädierte zum Beispiel dafür, die Partei „Die Linke“ nicht mehr zu beobachten, zumindest zu einem großen Teil, obwohl sie meiner Ansicht nach bis heute eine extremistische Partei darstellt. Von vielen Seiten wurde ich dafür in diesem Fall geradezu überschwänglich gelobt. Danach musste ich allerdings feststellen, dass massiver persönlicher Druck auf mich ausgeübt wurde, endlich die AfD zu beobachten. Und das war ein ungebührlicher, ein ungewöhnlicher Druck, bei dem ich den Eindruck gewann, ich sollte hier für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert werden. Ich fühlte mich teilweise sogar genötigt. Aber meine Position war klar: Ich wollte mich nicht zum Büttel der Regierenden machen lassen, um hier parteipolitischen Konkurrenzschutz zu betreiben.

Gerhard Schindler, Ihr früherer Chef-Kollege vom BND, beschrieb in seiner kürzlich erschienenen Streitschrift „Wer hat Angst vor dem BND?“ betrübliche Erfahrungen nach unzähligen Gesprächen mit führenden Politikern. Sie stimmten zwar häufig seinen realpolitischen Analysen zu, würden dies aber dann öffentlich nicht vertreten. Wie sind da Ihre Erfahrungen?

Ähnlich! Dabei zeigte sich oft der typische Charakterzug eines parlamentarischen Hinterbänklers. Unter vier oder sechs Augen hat er Mut und stimmt der Wahrheit unumwunden zu. In größerer Runde schweigt er aber dann oder vertritt sogar das Gegenteil. Also, ich glaube, hier zeigt sich der karriereorientierte Charakterzug vieler deutscher Parlamentarier, leider!

Das Interview führte Bernd Kallina.





Zur Person 

Dr. Hans-Georg Maaßen war ab 2003 Leiter des Referats Ausländerrecht und ab 2008 Leiter des Stabs Terrorismusbekämpfung in der Abteilung Öffentliche Sicherheit im Bundesministerium des Innern. Von 2012 bis 2018 war er Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.