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18.12.20 / Verbraucherschützer / Sparkassen drohen Klagen wegen des Zinsverfalls / Der Vorwurf lautet unzulässige Klauseln zur Anpassung der Zinssätze bei Prämiensparverträgen und Riester-Banksparplänen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52 vom 18. Dezember 2020

Verbraucherschützer
Sparkassen drohen Klagen wegen des Zinsverfalls
Der Vorwurf lautet unzulässige Klauseln zur Anpassung der Zinssätze bei Prämiensparverträgen und Riester-Banksparplänen
Norman Hanert

Sparpläne, bei denen die Kunden zusätzlich zu den Zinsen jedes Jahr eine ansteigende Prämie gutgeschrieben bekommen, waren insbesondere in den 90er Jahren für Sparkassen und Sparer ein beliebtes Produkt. Inzwischen sind die Prämiensparverträge zu einem Streitfall zwischen Sparkassen und Verbraucherschützern geworden. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die ehemals zugesicherten Prämienzahlungen am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaftet werden können. Folge war, dass unter Hinweis auf das niedrige Zinsumfeld viele Sparkassen reihenweise den Kunden alte Prämiensparverträge aufkündigten.

Folge der EZB-Niedrigzinspolitik

Verbraucherzentralen werfen einer Reihe von Sparkassen vor, bei vielen Prämiensparverträgen und Riester-Banksparplänen unzulässige Klauseln zur Anpassung der Zinssätze in die Verträge geschrieben zu haben. Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Sachsen haben Sparkassenkunden im Freistaat im Schnitt 4000 Euro zu wenig erhalten. In Brandenburg kamen die Verbraucherschützer sogar auf durchschnittlich 4600 Euro, die Sparkassen ihren Kunden mit Prämiensparverträgen zu wenig gezahlt haben sollen. Angestoßen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, hat am 25. November ein Runder Tisch stattgefunden, bei dem es um die umstrittenen Sparverträge ging.

Zumindest aus Sicht der Verbraucherzentralen muss der Ausgang des Gesprächs mit dem Sparkassenverband als gescheitert angesehen werden. Christian Rumpke, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Brandenburg, kritisierte nach dem Runden Tisch: „Es ist nicht zu fassen, wie stoisch öffentlich-rechtliche Institute jahrelang Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes missachten und damit Sparerinnen und Sparer benachteiligen.“ 

Dabei handelt es sich bei den Sparkassen nicht nur um öffentlich-rechtliche Banken. Vielmehr sind fast immer Kommunen Träger der Sparkassen. Dementsprechend sitzen in den Verwaltungsräten der Sparkassen üblicherweise auch Kommunalpolitiker. Bei der Besetzung der oftmals lukrativen Posten spielt häufig parteipolitisches Kalkül eine sehr viel größere Rolle als Fachkenntnisse des Bankgeschäftes. 

Im Fall der Prämiensparverträge bereiten mehrere Verbraucherzentralen in Deutschland nun Musterfeststellungsklagen vor, um Kunden vor einer Verjährung der Ansprüche zum Ende dieses Jahres zu schützen. In Franken laufen beispielsweise Vorbereitungen für eine Klage gegen die Sparkasse Nürnberg. In Sachsen und Sachsen-Anhalt klagen die Verbraucherzentralen gegen sieben Sparkassen wegen mutmaßlich zu wenig gezahlter Zinsen. Im Land Brandenburg plant die dortige Verbraucherzentrale eine Musterklage gegen die Sparkasse Barnim.

Das drastisch abgesenkte Zinsniveau schlägt allerdings nicht nur auf das Geschäftsmodell der öffentlich-rechtlichen Sparkassen durch. Auch Lebensversicherer und Anbieter von Riester-Rentenplänen, die rein nach wirtschaftlichen Erwägungen arbeiten, geraten durch die Minizinsen immer mehr in die Zwickmühle. Anfang Dezember haben die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung dem Bundesfinanzministerium eine drastische Senkung des Höchstrechnungszinses für neu abgeschlossene Lebensversicherungen empfohlen. Die Festlegung eines Höchstbetrages für den Rechnungszins durch das Ministerium soll verhindern, dass sich einzelne Versicherer mit Garantieversprechen übernehmen. Sie dürfen Neukunden zwar weniger, aber keinesfalls mehr als den Höchstzinssatz bieten.

Runder Tisch blieb ohne Ergebnis

Ähnlich wie den Sparkassen fällt es Lebensversicherern und Pensionsfonds immer schwerer, die Zinszusagen aus der Vergangenheit am Kapitalmarkt noch zu erwirtschaften. Wie weitgehend die EZB mit ihren Negativzinsen und Anleihekäufen Banken und Versicherern einen wichtigen Teil ihrer Geschäftsgrundlage entzogen hat, wird bei den Staatsanleihen in der Eurozone deutlich. Dass Investoren bei deutschen, niederländischen oder finnischen Staatsanleihen auf Zinsen verzichten und sogar draufzahlen, ist mittlerweile Normalität. Inzwischen breitet sich dieses Phänomen aber sogar auf die südeuropäischen Länder der Eurozone aus. Bei Staatsanleihen mit fünfjähriger Laufzeit liegen die Renditen nun selbst bei Spanien, Portugal und dem hochverschuldeten Italien unter Null. Lediglich die fünfjährigen Anleihen Griechenlands werfen derzeit noch eine Minirendite ab.