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31.12.20 / Sachsen / Wie der Freistaat zum Corona-Brennpunkt wurde / Fehler und Unterlassungssünden der schwarz-grün-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Michael Kretschmer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 53 vom 31. Dezember 2020

Sachsen
Wie der Freistaat zum Corona-Brennpunkt wurde
Fehler und Unterlassungssünden der schwarz-grün-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Michael Kretschmer
Wolfgang Kaufmann

Im Laufe der letzten Wochen entwickelte sich Sachsen zum Corona-Brennpunkt Deutschlands. Mitte Dezember meldeten die meisten Kliniken dort eine Auslastung ihrer Intensivbetten für COVID-Patienten von bis zu 100 Prozent. Die Zahl der binnen einer Woche positiv Getesteten pro 100.000 Einwohnern (Sieben-Tages-Inzidenz) lag zu Beginn des zweiten Lockdowns mit über 400 mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Von zehn der am stärksten betroffenen Landkreise Deutschlands befanden sich sechs in Sachsen. An der Spitze stand der Landkreis Bautzen mit einer Inzidenz von 631.

Das wurde schnell zum Anlass für Schmähungen genommen. So meinte der Leipziger Politologe Michael Lühmann im „Spiegel“, schuld sei die „Renitenz“ der konservativ-protestantischen Sachsen. Noch genauer meinten es das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena und ein Rechercheteam des Berliner „Tagesspiegel“ zu wissen. Die meisten Neuinfektionen gebe es dort, wo man bevorzugt die AfD wähle. In Wirklichkeit resultiert die Misere in Sachsen jedoch nicht aus den politischen Präferenzen oder der Mentalität der Bewohner des Freistaates, sondern aus der Unfähigkeit beziehungsweise Tatenlosigkeit der schwarz-grün-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).

Staatsgrenzen blieben offen

Diese versäumte es beispielsweise, rechtzeitig die Grenzen zu Tschechien und Polen zu schließen. Dabei meldeten beide Nachbarstaaten lange vor Sachsen wieder exorbitant viele positiv auf Corona Getestete. Trotzdem durften ihre Bürger weiter problemlos einreisen – und zwar keineswegs nur, wenn sie in Deutschland arbeiteten. Ganze Busladungen voller Einkaufstouristen, die zu Hause auf geschlossene Läden trafen, strömten in die Supermärkte oder Kaufhäuser des Freistaates und dann anschließend auch noch in seine Gaststätten. Das ging so bis zum 17. November, als die Tschechei bereits ein Abflauen der zweiten Corona-Welle meldete und diese in Polen kurz vor ihrem Höhepunkt stand.

Ebenso fatal war die Strategie des nicht aus dem Bildungsbereich kommenden sächsischen Staatsministers für Kultus Christian Piwarz (CDU) hinsichtlich der Schulen im Freistaat. Diese lautete noch im November: „So lange wie möglich Regelbetrieb“ und kein spürbares Vorziehen der Weihnachtsferien. Das Ergebnis dessen waren 43 Corona-Ausbrüche unmittelbar vor dem Lockdown-Beginn alleine in den Schulen des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, in dem die Inzidenz auf 600 hochschnellte.

Zum Corona-Brennpunkt wurde Sachsen außerdem durch die mangelhafte Arbeit seiner Gesundheitsämter, die keineswegs nur an ihrer blamablen technischen Ausstattung kranken. Vielmehr rückten in der Vergangenheit auch diverse fachlich oder menschlich ungeeignete Personen in verantwortliche Positionen auf, was zu einer nachhaltigen Beschädigung der Effizienz der Ämter führte. Daher kommt es nun teilweise vor, dass Quarantänebescheide erst dann im Briefkasten der Betroffenen liegen, wenn die Zeit der häuslichen Zwangsisolation bereits abgelaufen ist.

Mit schlechtem Vorbild voran

Untragbar sind darüber hinaus die Zustände in manchen Krankenhäusern und Altenheimen im Freistaat. Angehörige des Pflegepersonals, die Kontakt mit Corona-Infizierten gehabt hatten, berichteten über die Androhung von Abmahnungen oder Schlimmerem, sollten sie sich „auf eigene Faust“ testen lassen und dann bei einem positiven Resultat der Arbeit fernbleiben. Ebenso sind nur die Besucher von Altenheimen, aber nicht die Beschäftigten dort zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes verpflichtet. So steht es auch in der zuletzt am 15. Dezember aktualisierten Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung.

Zu all dem kommt schließlich noch die mangelnde Vorbildwirkung des Ministerpräsidenten, der gerne den Volkstümlichen mimt. Kurz vor dem Start der Herbstferien in Sachsen, als die Zahl der Corona-Fälle in der benachbarten Tschechischen Republik schon wieder extrem hoch lag, verkündete Kretschmer, er werde wohl in den nächsten Tagen selbst „mal rüber“ gehen. Und während des ersten Lockdowns im Frühjahr, in dem Sport oder Spaziergänge lediglich im Umkreis von fünf Kilometern um den Wohnbereich erlaubt waren, wechselte der Regierungschef über Ostern ganz selbstverständlich von seinem Dresdner Domizil ins familiäre Zweithaus im 125 Kilometer entfernten Waltersdorf im Zittauer Gebirge. Da mutet es doch recht scheinheilig an, wenn Kretschmer jetzt plötzlich gegen die angeblich so gefährlich hohe „Binnenmobilität“ der Sachsen wettert.