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31.12.20 / Verkehr / Nach dem Auto nun Roller und Motorräder / Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther hat ein neues Feindbild ausgemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 53 vom 31. Dezember 2020

Verkehr
Nach dem Auto nun Roller und Motorräder
Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther hat ein neues Feindbild ausgemacht
Frank Bücker

In Berlin gibt es rund 107.000 zugelassene Motorräder, Mopeds und klassische Motorroller. Zwar ist es nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht gestattet, diese auf dem Bürgersteig abzustellen, aber in Berlin wie in anderen deutschen Städten auch ist es inzwischen eine Art Gewohnheitsrecht, die Zweiräder dort stehen zu lassen, was nur wenige stört, solange die Gefährte dort keine Passanten behindern. 

Nur wenige Motorradfahrer erhielten daher bisher einen Bußgeldbescheid vom Ordnungsamt. Bis Ende November wurden 384 Knöllchen verteilt und 22 Abschlepp-Einsätze registriert. Rechtsgrundlage dafür ist die im Ordnungswidrigkeitengesetz enthaltene Vorgabe, dass Regelverstöße „nach pflichtgemäßem Ermessen“ zu verfolgen sind. Das lässt den Ordnungshütern einen vernünftigen Spielraum. Doch diese Praxis missfällt offenbar Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne), die nach den Autofahrern auch die Motorradfahrer als Feindbild entdeckt zu haben scheint. Bereits im April 2020 beschloss die rot-rot-grüne Regierungsmehrheit in Berlin, künftig ein konsequentes Vorgehen gegen Falschparken auch auf Gehwegen. 

Fortlaufende Parkplatzvernichtung

Zu Günthers Missfallen scheint seither wenig passiert zu sein. Unlängst führte die Verkehrsverwaltung ein mahnendes Gespräch mit der für die Verkehrsüberwachung zuständigen Polizeipräsidentin. Die gelobte „Besserung“. Künftig soll es den Motorradfahrern an den Kragen oder besser die Brieftasche gehen, „indem künftig eine Duldung des (per se rechtswidrigen) Gehwegparkens durch motorisierte Krafträder nur noch dann in Betracht zu ziehen wäre, wenn jegliche Behinderung Anderer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann“.

Das aktuelle Senatsprogramm sieht ohnehin eine fortlaufende Parkplatzvernichtung vor. Mit einem Schlag gegen die Motorradfahrer erreicht Günther eine weitere – diesmal dramatische – Verknappung. Im Zusammenhang mit dem schärferen Vorgehen gegen das Gehwegparken von Motorrädern wird so ein Konkurrenzkampf zwischen Zweirad- und Autofahrern entfacht, die um die verbleibende Parkfläche ringen müssen.

Ruhrgebiet geht andere Wege

Allerdings erntet Günther auch Zustimmung. Im Vergleich zu den 107.000 Zweiradfahrern vertritt der „Fachverband Fußverkehr Deutschland“ in Berlin nach eigenen Angaben zwar nur 500 Mitglieder, wird aber von Medien gern zitiert. Pressesprecher Roland Stimpel schimpft, „dass Fahrbahnen heilig und Gehwege die Resterampe sind“. Er twittert: Kraftfahrzeuge seien auf der Fahrbahn zu parken, sage die Straßenverkehrsordnung. Motorradfahrern, Verleihern wie Ordnungsämtern sei das bisher egal - „immer rauf auf den Gehweg“. Berlin wolle endlich anfangen, nach dem Gesetz zu handeln, freut sich Stimpel daher. 

Am Ende könnte die grüne Mühe indes auch nach hinten losgehen. In einigen Kommunen Nordrhein-Westfalens wird bereits die Frage aufgeworfen, ob das Parken auf Gehwegen vor dem Hintergrund des chronischen Parkplatzmangels nicht legalisiert werden sollte, wie dies inzwischen in Essen oder Dortmund erwogen wird.