27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.12.20 / Bergkarabach-konflikt / „Der Kampf ist nicht beendet“ / Chauvinistisches Auftreten von Alijew und seinem Gast Erdoğan auf Siegesparade in Baku

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 53 vom 31. Dezember 2020

Bergkarabach-konflikt
„Der Kampf ist nicht beendet“
Chauvinistisches Auftreten von Alijew und seinem Gast ErdoÄŸan auf Siegesparade in Baku
Bodo Bost

Einen Monat nach dem Abschluss des vom russischen Präsidenten Wladimir Putin eingefädelten Waffenstillstands im diesjährigen Krieg um Bergkarabach hatte Aserbaidschans Staatspräsident Ä°lham Älijew zur Siegesparade in Baku den großen Verbündeten aus Ankara zu Gast. Dieser hatte, obwohl sein Land sich wegen der dritthöchsten Corona-Zahlen weltweit in einem totalen Lockdown befindet, gleich zwei türkische Militäreinheiten mitgebracht, die an der Front in Bergkarabach mitgekämpft hatten und nun mitmarschieren durften. 

Offiziell wird noch immer geleugnet, dass die Türkei Kampfverbände während des Krieges nach Aserbaidschan geschickt hat. Dies war nicht die einzige Lüge, die den Teilnehmern und angereisten Journalisten unverblümt von beiden Staatschefs während der Siegesparade präsentiert wurde. Gefehlt bei der Siegesfeier haben allerdings die Bataillone der Dschihadisten aus Syrien, die unter Vermittlung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip ErdoÄŸan bereits am ersten Tag mit an die Front gezogen waren und dort als Kanonenfutter verheizt wurden. 

Türken marschierten mit

Obwohl die Dschihadisten fehlten, nahm Älijew das Wort vom „Heiligen Krieg“ in den Mund, mit dem sie aserbaidschanisches Land befreit hätten. Die militärische Lösung sei notwendig gewesen, da die Jahre der fruchtlosen Diplomatie nicht zum Erfolg geführt hätten. Mit fruchtloser Diplomatie meinte Alijew die unter Federführung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Minsker Gruppe geführten Verhandlungen seit dem Waffenstillstand von 1994 nach dem ersten Bergkarabachkrieg. 

Wie sein türkischer Gast machte auch Alijew in seiner Ansprache bei der Siegesfeier klar, dass der Sieg nur ein Zwischensieg in einem noch zu Ende zu führenden Krieg gewesen sei. Der aserbaidschanische Präsident bezeichnete weite Teile Armeniens einschließlich der Hauptstadt Eriwan als „unser historisches Land“. Wann er sich dieses historische Land zurückholen werde, ließ Alijew offen. Auch dies wird wohl von dem türkischen Brudervolk und dessen Präsident Erdoğan abhängen.

Zeichen an Wladimir Putin

Letzterer sagte in seiner Rede, der Waffenstillstand „bedeutet nicht, dass der Kampf beendet ist“, um dann die, wie er es nannte, Seelen der Märtyrer von Bergkarabach zu beschwören, zu denen er auch einen der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern zählte: Generalleutnant Enver Pascha. Der führende Jungtürke und zeitweilige Kriegsminister des Osmanischen Reiches war der Schmied des deutsch-osmanischen Militärbündnisses im Ersten Weltkrieg. Kurz vor der Niederlage 1918 zog Enver seine Truppen von der Palästinafront ab und schickte sie nach Baku zur Herstellung eines pantürkischen-turanischen Reiches. Letzteres wurde schließlich von den Russen beziehungsweise Sowjets verhindert.

Russische Waffen wurden zwar vonseiten der Aserbaidschaner im Kriege gegen Armenien eingesetzt, denn Russland belieferte jahrelang beide Konfliktparteien mit Kriegsmaterial. Aber auf der Siegesparade tauchten sie nicht als Siegerwaffen auf, sondern lediglich als von den Armeniern eroberte Beutewaffen in Form von Raketen und Panzern aus russischer Produktion. Dies sollte auch ein Zeichen an Putin sein. Auf dessen Friedenstruppen sind die Armenier angewiesen, um den Landkorridor bei Latschin zum noch von ihnen kontrollierten Teil von Bergkarabach zu nutzen. 

Zur Siegesparade wurden erstmals Opferzahlen der aserbaidschanischen Streitkräfte bekanntgegeben, die während der Kampfhandlungen geheim gehalten worden waren. Nach diesen Zahlen sind 2738 aserbaidschanische Soldaten während des Krieges gefallen, Hunderte werden noch vermisst.