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31.12.20 / Ausblick / Das prallvolle Gruselkabinett der Pandemie-Propheten / Während die Welt noch auf Corona starrt, suchen Forscher längst nach den nächsten Auslösern weltweiter Krankheitswellen – Manche sprechen gar vom Beginn eines „Zeitalters der Pandemien“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 53 vom 31. Dezember 2020

Ausblick
Das prallvolle Gruselkabinett der Pandemie-Propheten
Während die Welt noch auf Corona starrt, suchen Forscher längst nach den nächsten Auslösern weltweiter Krankheitswellen – Manche sprechen gar vom Beginn eines „Zeitalters der Pandemien“
Wolfgang Kaufmann

In ihrer Video-Rede anlässlich des UN-Sondergipfels Anfang Dezember gab sich Bundeskanzlerin Angela Merkel demonstrativ hoffnungsvoll: „Bei allen Beschwernissen in diesem von der Pandemie bestimmten Krisenjahr zeigt sich ein Licht am Ende des Tunnels.“ Denn nun stünden bald Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus zur Verfügung. Doch wird der Corona-bedingte Ausnahmezustand tatsächlich 2021 enden, wenn die Vakzine wirken? Oder droht die Gefahr, dass das neue Jahr stattdessen unter dem Motto steht: Nach der Pandemie ist vor der Pandemie? Ja, bricht jetzt vielleicht gar das „Zeitalter der Pandemien“ an, wie der Wissenschaftsphilosoph Jörg Phil Friedrich kürzlich in der „Welt“ prophezeite? 

Letzteres bejahen unter anderem Albert Osterhaus, ein prominenter niederländischer Virologe, sowie die dänische Ökonomin Inger Andersen, seit 2019 Exekutivdirektorin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). Und „die Forschenden“ der von der Europäischen Union mitfinanzierten „Zoonoses Anticipation and Preparedness Initiative“ (ZAPI) halten auch „bereits nach der nächsten möglichen großen Bedrohung Ausschau“. „Zoonose“ beschreibt das Überspringen eines Erregers vom Tier auf den Menschen.

40 weitere Viren schon im Blick

Wie diese Bedrohung konkret aussehen könnte, verriet der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerhard Müller  (CSU), im Mai 2020 in einem Gastbeitrag für den „Spiegel“, in dem er auf „40 weitere Viren mit einem Pandemie-Potential wie Sars-CoV-2“ verweist. Doch damit war er nach Ansicht des Weltbiodiversitätsrates (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, IPBES) noch viel zu optimistisch. Das zwischenstaatliche Gremium veröffentlichte kürzlich einen Bericht, demzufolge man derzeit 827.000 Viren kenne, welche über die prinzipielle Fähigkeit verfügten, vom Tier auf den Menschen überzuspringen und Pandemien auszulösen. Gleichzeitig warnte der Biologe Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle an der Saale im „Focus“ davor, dass die bald zu erwartende „nächste Pandemie … noch gravierender und tödlicher als die Covid-19-Welle sein“ werde.

Und tatsächlich enthält die WHO-Liste der wegen ihres möglichen globalen Gefahrenpotentials vorrangig zu erforschenden „Priority Diseases“ so einiges zum Gruseln. Auf dem Felde der durch Viren ausgelösten Krankheiten stechen besonders die hämorrhagischen Fieber hervor, welche mit schweren und vielfach tödlichen inneren Blutungen einhergehen wie das Krim-Kongo-Fieber, Lassa-Fieber, Rift-Valley-Fieber, Hanta-Fieber, Ebola-Fieber und Marburg-Fieber. Dazu kommen die von Nipah-Viren verursachten Gehirnentzündungen und die massiven Schädigungen von Föten durch Zika-Viren. 

MERS gilt als besonders gefährlich

Des Weiteren stuft die Weltgesundheitsorganisation das „Middle East Respiratory Syndrome-related Coronavirus“ (MERS-CoV-Virus) als besonders gefährlich ein. Dieser Erreger löst ähnliche Symptome aus wie das SARS-CoV-2-Virus, allerdings führen diese bei etwa jedem dritten Erkrankten zum Tode. 

Da MERS aber zumeist durch Dromedare übertragen wird und die Gefahr der Ansteckung von Mensch zu Mensch vergleichsweise gering zu sein scheint, weil positiv Getestete ohne Symptome auch nicht infektiös sind, bezeichnete der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, das Virus 2015 als wenig problematisch und hielt „eine Ausbreitung als Epidemie oder Pandemie … für äußerst unwahrscheinlich“. 

Im vergangenen November gab der frischgebackene Bundesverdienstkreuzträger und Medienstar dann freilich im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „Capital“ bekannt, sich nach dem Ende des „Rummels“ um Covid-19 nun auf die Erforschung des MERS-Virus konzentrieren zu wollen, da es „der nächste Pandemiekandidat“ zu werden drohe. Gründe für seinen Meinungsumschwung nannte Drosten dabei keine. 

Versuchung durch Macht und Geld

Manche seiner Fachkollegen wie der bisherige Direktor des Instituts für Virologie der Universität Leipzig, Uwe Gerd Liebert, und Till Koch vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) teilen diese Gefahreneinschätzung allerdings nicht. Kritiker verdächtigen Drosten daher, sein Alleingang könnte andere Gründe als nur rein medizinische haben wie beispielsweise Drang nach weiterer medialer Aufmerksamkeit oder Verstetigung des Zuflusses von Forschungsgeldern aus dem Füllhorn des bundesdeutschen Staates. Immerhin bot die Corona-Krise für Drosten die einmalige Chance, auf bislang nie dagewesene Weise Stärke gegenüber den Bürgern zu demonstrieren und lästige Einschränkungen seiner Durchgriffsmöglichkeiten mit leichter Hand außer Kraft zu setzen.

Ebenso sind Influenza-Viren jederzeit für die Ausrufung einer Pandemie gut – selbst wenn sich das Ganze nachher als blamabler Flop erweist wie bei der Schweinegrippe von 2009/10. Im Juni 2020 warnten chinesische Forscher vor dem neu entdeckten Mischvirus G4, welches sowohl die Merkmale des Schweinegrippe-Erregers H1N1 als auch des Vogelgrippe-Virus H5N1 trage. Und tatsächlich stellen Schweine ideale „Mischgefäße“ für tierische und menschliche Influenza-Viren dar. Daher könnten fünf ungünstige natürliche Genmutationen innerhalb eines einzigen Mastbetriebes genügen, um aus Erregern wie G4 ebenso ansteckende wie aggressive Super-Keime zu machen, die dann die Reise um die ganze Welt antreten und deren Tödlichkeit im Extremfall an die des Ebola-Virus heranreicht. Dies fanden der Cambridger Zoologe Colin Russell und dessen Kollegen schon 2012 heraus.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur Proklamierung einer bakteriellen Pandemie, wenn sich die jetzt schon verstärkt vorkommenden antibiotikaresistenten Keime, an denen aktuell pro Jahr um die 700.000 Menschen sterben, weiter ausbreiten. Und dann wäre da noch die bislang rein hypothetische, unbekannte „Krankheit X“, die von heute auf morgen aus dem Nichts kommen und die Medizin vor ungeahnte Herausforderungen stellen könnte.

Diejenigen, welche orakeln, dass 2021 das nächste Jahr im neuen „Zeitalter der Pandemien“ zu werden drohe, erklären ihre düstere Prognose damit, dass gefährliche Erreger zunehmend in der Lage seien, vom Tier auf den Menschen überzugehen und dann rund um die Welt zu wandern. Dies liege zum Ersten an den immer intensiveren Kontakten zwischen Tieren und unserer Spezies, zum Zweiten an dem rasanten Bevölkerungswachstum sowie der Urbanisierung und zum Dritten an der Globalisierung und den damit verbundenen Reisebewegungen: Die Menschheit rücke permanent enger zusammen, das führe eben auch zu kurzen Wegen für Viren und Bakterien. 

Dazu komme der „Klimawandel“, durch den Krankheitsüberträger wie die Tigermücke Aedes aegypti sukzessive nach Norden vorzudringen vermögen. Und offenbar mutierten auch einige der schon seit Langem im Menschen lebenden Keime zu gefährlichen Erregern, wie das an sich harmlose Darmbakterium Escherichia coli, welches 2011 plötzlich den hoch ansteckenden EHEC-Stamm hervorgebracht habe.

Die größte Pandemiegefahr soll allerdings von Vögeln und Säugetieren ausgehen, wobei neben Schweinen und Enten auch Fledermäuse und Nager ganz oben in der Rangliste der möglichen Wirte gefährlicher Erreger stehen. Ebenso haben Forscher versucht vorherzusagen, wo die Ursprungsherde der nächsten Pandemien liegen könnten. Laut einer Studie australischer Wissenschaftler kommen dafür Gebiete in Frage, in denen es sowohl intensive Mensch-Wildtier-Nutztier-Kontakte als auch ein wenig effektives Gesundheitssystem und gute Verkehrsanbindungen gebe. Dazu gehörten die Regionen um Großstädte wie Mumbai (Bombay), Phnom Penh, Nairobi, Lagos und Jakarta.

Wenn Pandemien in Zukunft zur Normalität werden, sind andere Strategien gefragt als in der gegenwärtigen Corona-Krise, denn eine ständige Neuauflage der Maßnahmen von 2020 halten weder Wirtschaft noch Gesellschaft auf Dauer aus. Letztlich würde dadurch die Zivilisation, wie wir sie kennen, kollabieren. 

Riskante Ausweg-Szenarien

Deshalb stehen nun zwei Zukunftsrezepte zur Diskussion, die das verhindern sollen: Die radikale Veränderung der Lebensweise von uns allen, wie es insbesondere jene fordern, welche die Pandemie als willkommenen Anlass sehen, um der weltweiten Armut und dem „Klimawandel“ mit sozialistischen und quasi-sozialistischen Lösungsrezepten zu Leibe zu rücken. Oder aber die Gewöhnung an ein Leben mit immer neuen gefährlichen Viren beziehungsweise solchen, die für besonders gefährlich erklärt werden. Die Vertreter der erstgenannten Option sind derzeit offensichtlich noch in der Minderzahl, da die Risiken und Nebenwirkungen ihrer „Medizin“ doch eine ziemlich abschreckende Wirkung entfalten. Aber auch die zweite Strategie könnte sich als fatal erweisen. 

Wie würde hierzulande die Gewöhnung an ein Zeitalter der Pandemien aussehen? Antworten auf diese Frage gibt unter anderem das „Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 18. November 2020. In dessen Paragraph 5 wird der Bundestag ermächtigt, eine solche Lage festzustellen, wenn „eine dynamische Ausbreitung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland droht oder stattfindet“. 

Jedes Jahr etwas anderes?

Die drastischen Einschränkungen von Freiheits- oder Eigentumsrechten könnten also zum Normalzustand werden – und zwar sowohl im Rahmen begrenzter Epidemien im nationalen Maßstab als auch im Reigen kommender Pandemien: 2021 vielleicht dann anlässlich der „dynamischen Ausbreitung“ des G4-Influenza-Virus, 2022 aufgrund des Vormarschs des von Drosten ja nunmehr zur Bedrohung hochgestuften MERS-Erregers aus dem Mittleren Osten infolge weiterer Asylsucherströme, 2023 wegen der exponentiellen Zunahme multiresistenter Keime aus den Abwässern indischer Antibiotika-Hersteller, welche um die Welt zu wandern beginnen, 2024 beim Auftauchen eines hämorrhagischen Fiebers, dass nicht mehr ganz so schnell tötet wie Ebola, weswegen die Infizierten es noch ungehindert über alle Kontinente verbreiten können, und 2025 dann unter Verweis auf das Aufkommen der „Krankheit X“, deren Gefährlichkeit sich mangels jedweder medizinischer Vorerfahrungen höchst unkompliziert postulieren lässt.