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31.12.20 / Silvesterbräuche / Der Klang des Rummelpotts / Kleeblatt, Glückscent, Schornsteinfeger – Selbst im 21. Jahrhundert richtet man sich am 31. Dezember noch nach altem Volksglauben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 53 vom 31. Dezember 2020

Silvesterbräuche
Der Klang des Rummelpotts
Kleeblatt, Glückscent, Schornsteinfeger – Selbst im 21. Jahrhundert richtet man sich am 31. Dezember noch nach altem Volksglauben
Andreas Guballa

Punkt Mitternacht bliesen in manchen Gegenden in der Neujahrsnacht noch Posaunenchöre vom Kirchturm. Und überall wurde das neue Jahr von Kirchenglocken begrüßt. Mancherorts zogen auch Kinder oder Jugendliche am Silvester- oder Neujahrsmorgen singend von Haus zu Haus. Wurden früher Lebensmittel gespendet, waren es zuletzt kleine Geldbeträge. Aus, vorbei: Die Bräuche sind jetzt zum Opfer der Pandemie geworden. Ein Grund mehr, sich ihrer zu erinnern.

Vor allem in Norddeutschland liefen die Kinder am Silvester- oder Neujahrstag durch die Nachbarschaft und schlugen mit dem „Rummelpott“ Lärm. Dieser war ein Keramiktopf, der mit einer Schweinsblase oder einem Stück Leder überzogen war. Durch ein Loch in der Mitte wurde ein Stock gesteckt, mit dem man beim Rein- und Rausziehen tüchtig „rummelte“, polterte.

Die Menschen glaubten früher, es sei gefährlich, zwischen dem alten und neuen Jahr allein zu sein. Denn es würden sich in der Nacht allerlei böse Geister herumtreiben. In Gemeinschaft mit anderen sei man jedoch geschützt – vor allem, wenn zum Jahreswechsel tüchtig geknallt und gepoltert würde. An böse Geister glaubt inzwischen niemand mehr so wirklich, das Knallen jedoch ist immer noch aktuell – wohl auch am ersten Corona-Silvester.

Frisch geputzt ins neue Jahr

Den Neujahrstag sollte man übrigens frisch gewaschen und sauber angezogen beginnen: So lernten die Kleinen früher von den Großen. Dem Wasser sagte man nämlich magische Zauberkräfte nach. Es sollte vor bösen Mächten schützen.

Wer früher an Neujahr eingeladen war, brachte traditionsgemäß etwas Selbstgebackenes mit – einen Hefekranz oder einen Neujahrskuchen. Auch Kinder erhielten von ihren Paten Neujahrsgebäck. Es sollte zum einen Glück bringen, zum anderen Zeichen gegenseitiger Verbundenheit sein. Bauernfamilien verfütterten einen Teil des übrig gebliebenen Neujahrsgebäcks an das Vieh. Dies diene, glaubten die Menschen früher, der Gesundheit und Fruchtbarkeit der Tiere, steigere so ihren Nutzwert und bringe dem Bauern Wohlstand. Ein Teil der Reste wurde getrocknet, zerkleinert und im Frühjahr mit dem Saatgut auf den Feldern verteilt – in der Hoffnung auf eine reiche Ernte. Als Glückssymbole gelten auch vierblättriges Kleeblatt, Glückscent, Fliegenpilz, Schornsteinfeger, Hufeisen und Schwein. 

Das vierblättrige Kleeblatt ist selten. Es soll deshalb Seltenes vermehren und Reichtum bringen. Der Glückscent muss blank poliert sein. Nur dann soll er weiteres Geld anziehen. Der Fliegenpilz wehrt nach altem Aberglauben Dämonen ab. Der Schornsteinfeger, so glaubte man früher, vertreibe beim Kehren böse Geister, die sich im Rauch des Kamins verbergen. 

Eisen soll immer schon vor bösem Zauber geschützt haben. Manche hängen das Hufeisen mit der Öffnung nach oben auf, damit das Glück hineinfallen kann. Nach altem Bauernglauben aber soll es genau umgekehrt aufgehängt werden, damit das Glück auf Haus und Hof umgeleitet wird – und so der Familie automatisch Wohlstand und Glück beschert.

Das Glücksschwein wird oft mit dem wilden Eber, dem heiligen Opfertier der Germanen, in Verbindung gebracht. Sie opferten es dem Göttervater Odin, damit er sie mit seinem leicht aufbrausenden Zorn verschone. Heute wird es an Neujahr oft als Marzipanschweinchen verschenkt.

Raunächte oder die Zwölften hieß früher die Zeit von Weihnachten bis zum Dreikönigstag. Unsere Vorfahren fürchteten sie sehr. Denn nach altem Volksglauben brauste die wilde Jagd in den Raunächten durch die Lüfte. Diese wurde angeführt vom germanischen Göttervater Odin, der von seinem Gefolge – verstorbene, nicht erlöste Seelen und wilde Gesellen des kleinen Volkes – begleitet wurde. Sie zogen in den Raunächten durch die Lande, um die Menschen zu prüfen und gegebenenfalls zu bestrafen. 

Das Tor zur Anderswelt sei in dieser Zeit geöffnet, erzählten unsere heidnischen Vorväter. Den Namen Rau- oder Rauchnächte leiteten die Menschen aber auch von den dichten Nebeln und starken Stürmen in dieser Zeit ab. Kräuter wie Bilsenkraut, Salbei, Holunderrinde oder Fichtenharz wurden geräuchert. Dies diente zur Reinigung von Haus und Hof und sollte Dämonen fernhalten.

Die Zeit war zu Recht gefürchtet. Denn in den langen und kalten Wintermonaten zogen oft Räuber und feindliche Heere durchs Land, plünderten, brandschatzten und zerstörten ganze Dörfer. Allerlei Brauchtum rankt sich um die rauen Nächte. Heilkräuter, so sagte man, sollten in diesen Tagen ihre größte Wirkungskraft haben. Das Wäschewaschen während dieser Zeit aber bringe Unglück. 

König für einen Tag

Das Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar wird auch Dreikönigstag genannt. Er erinnert an die drei Weisen aus dem Morgenland. Kaspar, Melchior und Balthasar, so erzählt es die Legende, sollen von weit her nach Bethlehem gewandert sein. Sie gelten als Schutzpatrone der Reisenden. Die Dreikönigsnacht, so glaubten unsere heidnischen Vorfahren, sei die gefährlichste der Raunächte. Sie blieben deshalb in ihren Häusern und verriegelten Fenster und Türen zum Schutz vor bösen Geistern. 

Andere taten genau das Gegenteil. Sie öffneten um Mitternacht Fenster und Türen, um den Dreikönigswind einzulassen. Er sollte das Glück ins Haus bringen. Die Tiere sollen am Dreikönigsabend – wie in der Heiligen Nacht – reden können, wurde behauptet. Später nach der Christianisierung glaubten manche Menschen, der Himmel öffne sich um Mitternacht am Dreikönigstag und die Heilige Dreifaltigkeit sei dann sichtbar. Wer sie erblicken würde, dem gingen drei Wünsche in Erfüllung.

Ein weiterer Aberglaube: Scheint am Dreikönigstag die Sonne, bleibt der Frieden während des ganzen Jahres im Land. In vielen Familien in England, Frankreich, Holland und Spanien gibt es am 6. Januar Dreikönigskuchen. In den Teig wurde vorher eine schwarze Bohne versteckt und mitgebacken. Wer die Bohne in seinem Kuchenstück findet, darf an diesem Tag König sein und sich von seinem „Hofstaat“ bedienen lassen. 





Rummelpottlied

Fru, maak de Dör op!

De Rummelpott will rin.

Daar kümmt een Schipp ut Holland.

Dat hett keen goden Wind.

Schipper, wulltst du wieken!

Feermann, wulltst du strieken!

Sett dat Seil op de Topp

un geevt mi wat in’n Rummelpott!

(niederdeutsche Fassung)

Frau, öffne die Türe!

Der Rummelpott will rein.

Es kommt ein Schiff aus Holland.

Das hat keinen guten Wind.

Kapitän, du musst weichen.

Bootsmann, du musst streichen.

Setzt das Segel ganz nach oben

und gebt mir was in den Rummelpott!

(hochdeutsche Fassung)