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15.01.21 / Analyse / Die Institutionen der USA sind intakt und wehrhaft / Warum die belehrenden Einlassungen und Ratschläge von Bundesaußenminister Heiko Maas unangemessen sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-21 vom 15. Januar 2021

Analyse
Die Institutionen der USA sind intakt und wehrhaft
Warum die belehrenden Einlassungen und Ratschläge von Bundesaußenminister Heiko Maas unangemessen sind

„Wir sind bereit, mit den USA an einem gemeinsamen Marshallplan für die Demokratie zu arbeiten.“ Mit diesen, auf Twitter verkündeten Worten löste Außenminister Heiko Maas am vergangenen Wochenende eine Welle der Entrüstung und der Fremdscham aus – und offenbarte damit neben moralischer Hochnäsigkeit auch eine große Ignoranz gegenüber der Lage in Amerika. 

Normale Wahlen 

Zweifelsohne haben die USA in den letzten Monaten einen emotional aufgeladenen und von beiden Seiten vergifteten Wahlkampf erlebt. Richtig ist auch, dass die Gesellschaft heute tief gespalten ist. Gleichwohl hat das Wahlprocedere in jedem Punkt so stattgefunden wie eh und je: von der Kandidatenauslese bei den bislang oppositionellen Demokraten über das Duell zwischen den Kontrahenten Donald Trump und Joe Biden sowie die Wahl und die Auszählung der Stimmen bis hin zur Tagung des Electoral College. 

Anders als sonst war, dass der unterlegene bisherige Präsident Donald Trump die Anerkennung des festgestellten Wahlergebnisses verweigerte. Schon Wochen vor dem Wahltag warnte er vor Manipulationen; und seit der Feststellung des Wahlergebnisses behauptete er, betrogen worden zu sein. Diese Vorwürfe erneuerte er in den vergangenen Wochen immer wieder (siehe den Artikel oben). 

Dass ein Wahlverlierer ein Wahlergebnis anzweifelt, ist an sich kein Verbrechen, sondern ureigenes Recht in einer Demokratie. Auch dass Trump und seine Rechtsbeistände in einzelnen Bundesstaaten vor die Gerichte zogen, um eine Neuauszählung oder gar eine Neuwahl zu erzwingen, ist keineswegs verwerflich. Man denke an die Weigerung der Demokraten im Jahre 2000, den Sieg des Republikaners George W. Bush in Florida anzuerkennen. 

Trumps Provokation 

Inakzeptabel ist jedoch, wie Trump anschließend trotz der Niederlagen vor den Gerichten weiterhin über die sozialen Medien behauptete, betrogen worden zu sein – und seine Anhänger gegen das Wahlergebnis aufstachelte. Der Höhepunkt war die Aufwiegelung von Demonstranten am 6. Januar, die zum Sturm auf das Kapitol durch unzählige Trump-Anhänger führte. Damit hat der US-Präsident – auf die Autorität seiner Person setzend – die Autorität der US-Institutionen herausgefordert. Doch ist er damit gescheitert – und zwar nicht an den Tweets eines Heiko Maas, sondern an der Stabilität des politischen Systems. Gescheitert ist Trump nicht zuletzt an der Verweigerung seiner eigenen Partei, allen voran Vizepräsident Mike Pence und die Fraktionsvorsitzenden der Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus, die sich der Verfassung mehr verpflichtet fühlten als der Person des Präsidenten. 

Gescheitert ist Donald Trump auch an den Gerichten, vor allem am Supreme Court. Gerade der Oberste Gerichtshof war in den vergangenen Jahren immer wieder von der politischen Linken unter Beschuss genommen worden, weil Trump während seiner Amtszeit gleich dreimal die seltene Gelegenheit bekam, auf Lebenszeit berufene Mitglieder des Gremiums zu nominieren. Sowohl bei der Berufung von Neil Gorsuch als auch bei Brett Kavanaugh und Amy Coney Barrett gab es Unterstellungen, dass mit deren Ernennung Trump-hörige, „ultrakonservative“ Juristen an das höchste US-Gericht berufen würden. Von einer „rechten“ 6:3-Mehrheit im Supreme Court war zuletzt die Rede. Und nun? In den ihm vorgelegten diversen Verfahren zum Ausgang der US-Wahl lehnte der Oberste Gerichtshof der USA die Anträge des Trump-Lagers einstimmig ab. Gibt es einen besseren Beweis für die Unabhängigkeit dieses Gerichts? In jedem Falle entlarven diese und weitere Fakten manch empörten Aufschrei der letzten Wochen als gegenstandslos. 

Wo Maas helfen könnte 

Heiko Maas freilich könnte seine Energien in Richtung der wirklichen Despotien der Welt richten. Von einem „Marshallplan für die Demokratie“ in Nordkorea, Syrien oder gar China war allerdings bislang von ihm noch nichts zu hören. neh