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15.01.21 / Gesundheit / Mitten in der Pandemie geschlossen / Havelberg verliert sein Krankenhaus – Linkspartei-Politiker warnt vor regionalem Monopol eines Anbieters

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-21 vom 15. Januar 2021

Gesundheit
Mitten in der Pandemie geschlossen
Havelberg verliert sein Krankenhaus – Linkspartei-Politiker warnt vor regionalem Monopol eines Anbieters
Frank Bücker

Das Krankenhaus in Havelberg (Sachsen-Anhalt) ist seit September geschlossen. Mitarbeiter und Einwohner des 6547- Seelen-Städtchens hatten vergeblich gegen die Schließung protestiert. Eigentlich hätte die Klinik schon 2002 dichtmachen sollen. Der Kreis suchte dringend einen Investor, der das Haus übernehmen wollte. 

Die KMG mit Sitz im nahen Bad Wilsnack griff zu. Sie betreibt etwa ein Dutzend Kliniken in den neuen Bundesländern. Dazu kommen Reha-Kliniken und Pflegeheime sowie ambulante Pflegedienste. In Havelberg wird aus dem geschlossenen Krankenhaus nun ein Pflegeheim. Es soll dieser Tage eröffnen. 

Im Landkreises Stendal gab es bislang zwei Krankenhäuser: Außer in Havelberg noch eines in der Kreisstadt Stendal. Ein weiteres nächstgelegenes Krankenhaus liegt schon im brandenburgischen Kyritz. Es gehört ebenfalls der KMG-Gruppe. Sie hat einen Busdienst zwischen Havelberg und Kyritz eingerichtet. 

Infrastruktur in Gefahr?

Um die „Schuld“ an der Krankenhausschließung setzte alsbald ein munterer Streit ein. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) forderte ein Investitionsprogramm von mehr als 700 Millionen Euro für die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt, was aber am Widerstand der CDU scheiterte. „Vielleicht können wir nicht 47 Krankenhäuser erhalten, aber ich will die 47 Standorte erhalten“, so Grimm-Bennes Ziel. Wulf Gallert, früher bei den Grenztruppen der DDR tätig und jetzt für die Linkspartei im Landtag, mutmaßt einen Wettkampf um das Monopol in der Region. Die KMG habe das Krankenhaus in Havelberg „ausgetrocknet“, um ihr Haus in Kyritz zu stärken. Aus dem gleichen Grund hätten die Johanniter, die in Stendal eine Klinik betreiben, vergeblich versucht, der KMG deren Krankenhaus in Havelberg abzukaufen, meint Gallert: „Alle verhalten sich systemkonform.“ Wenzel Schmidt, sachsen-anhaltischer Landtagsabgeordneter der AfD, verurteilt die Schließung gerade zum jetzigen Zeitpunkt grundsätzlich. Er sieht die Gesundheits-Infrastruktur der Region gefährdet.

Andernorts flexibler

Stefan Eschmann, Vorstandsvorsitzender der KMG-Kliniken, kontert: „Von 2010 bis 2019 hat das Krankenhaus 13,2 Millionen Euro Verlust gemacht. Zur Wahrheit gehört aber auch: Das Klinikum Havelberg war mit 37 Planbetten im Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt.“ Darin ist die Schließung kleiner Krankenhäuser politisch gewollt. In einer Studie der Bertelsmann-Stiftung wird sogar gefordert, die Zahl der Hospitäler landesweit von derzeit 1.400 auf rund 600 mehr als zu halbieren. Krankenkassen und Bundesländer bezuschussen die Schließung von Kliniken. Die KMG soll für die Schließung des Hauses in Havelberg rund sechs Millionen Euro kassieren. Nach dem Krankenhaus fürchtet Havelberg nun auch noch um den Erhalt seines Gymnasiums. 

War diese Entwicklung unausweichlich? Andernorts ist man offenbar flexibler. Ende Juli 2020 sollte das katholische Krankenhaus im saarländischen Lebach schließen. Als Antwort auf die Corona-Pandemie hat es stattdessen eine Corona-Station mit 42 Betten erhalten. Im nahegelegenen rheinland-pfälzischen Zweibrücken wurde wegen Corona eine Klinik sogar wiedereröffnet.