In Zeiten wie diesen erfreuen gute Nachrichten. Eine von ihnen präsentierte die Bundesagentur für Arbeit zum Jahreswechsel. Trotz der Corona-Maßnahmen ist in Deutschland die Arbeitslosigkeit im November zurückgegangen. Und im Dezember ist die Zahl der Arbeitslosen zwar gestiegen, aber nur um 8000. Angesichts der wetterbedingten geringeren Tätigkeit im Baugewerbe während der kalten Wintermonate ist das geradezu unterdurchschnittlich.
Damit hat es sich dann aber mit den guten Nachrichten. Denn die Kurzarbeit, die nicht als Arbeitslosigkeit zählt, bleibt aufgrund der Corona-Pandemie immer noch auf einem erhöhten Stand. Vom 1. bis zum 28. Dezember erreichten die Bundesagentur Anzeigen zur Kurzarbeit für 666.000 Personen. Im November waren es 627.600 gewesen.
Zuvor schon hatte das Statistische Bundesamt schlechte Zahlen veröffentlicht. Zum ersten Mal nach 14 Jahren Wachstum ist 2020 die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland wieder zurückgegangen. „44,8 Millionen Menschen hatten im Jahresschnitt im Inland einen Arbeitsplatz oder waren selbstständig“, teilte die Wiesbadener Behörde mit. Das waren nicht nur 1,1 Prozent weniger als 2019, sondern auch 0,2 Prozent weniger als 2018. Wie die Zahlen zeigen, gingen insbesondere schlecht gesicherte Jobs verloren, während sozialversicherungspflichtig Beschäftigte häufig in Kurzarbeit geschickt wurden. Noch deutlicher als in den Vorjahren ging die Zahl der Selbstständigen und ihrer mitarbeitenden Angehörigen auf nun noch vier Millionen zurück.
Politik versucht, Zeit zu gewinnen
Absehbar ist, dass die ganz großen Probleme noch kommen werden. Das Kurzarbeitergeld verhindert Entlassungen, die ausgesetzte Insolvenzpflicht eine Pleitewelle. Noch, sagt Bundesfinanzminister Olaf Scholz, habe der Bund genügend Mittel, um die kriselnden Branchen zu stützen. „Wir können das lange durchhalten, wir haben Vorsorge getroffen“, erklärte der SPD-Kanzlerkandidat im „ARD-Morgenmagazin“. Es gebe „keinen ganz kompletten Stillstand“, in Fabriken und vielen Büros werde gearbeitet, sagte Scholz. Deutschland habe gut gewirtschaftet. Weil Deutschland Ende des vorletzten Jahres unter 60 Prozent Staatsverschuldung gehabt habe, könne man nun Kredite aufnehmen, so der Sozialdemokrat. Nach der Finanzkrise habe die Verschuldung bei mehr als 80 Prozent gelegen. Nun werde man nach gegenwärtigen Berechnungen „selbst wenn es sehr schlimm kommt“ nicht „weit“ über 70 und „auch schnell wieder runter“ kommen, erklärte der Finanzminister.
„2021 droht eine Pleitewelle“
Das Ifo-Institut hat wegen der Corona-Pandemie seine Konjunkturprognose für 2021 deutlich gesenkt. Laut der Münchner Forschungseinrichtung könnte die deutsche Wirtschaft im neuen Jahr um 4,2 Prozent wachsen. Bisher waren 5,1 Prozent erwartet worden. „Wegen des neuerlichen Shutdowns bei uns und in anderen Ländern verschiebt sich die Erholung nach hinten“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser zur Begründung. Zugrunde liegt die Annahme, dass die Einschränkungen ab dem April bis zum Sommer schrittweise aufgehoben werden.
Beobachter kritisieren an den Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung in Corona-Zeiten, dass sie die längst überfällige Bereinigung in der Unternehmenslandschaft verzögerten. Es staue sich eine Pleitewelle auf, die später umso heftiger über Deutschland hinwegrollen werde. „Das Aussetzen der Antragspflicht hat die Insolvenzwelle lediglich aufgeschoben; abgeflacht wurde sie allenfalls durch die staatlichen Liquiditätshilfen, ohne die viele Unternehmen ihren Zahlungsverpflichtungen während des Shutdowns nicht hätten nachkommen können“, erklärt Wollmershäuser.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, macht sich keine Illusionen. Bereits im vergangenen Jahr konstatierte er: „2021 droht eine Pleitewelle. Das war bisher nach jeder Rezession zu beobachten, wobei das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr viel stärker sinkt als im Durchschnitt vergangener Rezessionen. Allerdings wird die Welle wohl nicht so schlimm ausfallen wie der Pleite-Tsunami nach dem Platzen der Aktienblase vor 20 Jahren.“
Die Einschätzung zieht sich wie ein roter Faden durch die Stellungnahmen aus Politik und Wirtschaft: Es werde zwar schlimm kommen, aber nicht so schlimm wie 2009 – sofern denn der jetzige Lockdown der letzte ist.