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15.01.21 / Populärwissenschaft / Die Wirkung von Orten / Die seit Kindheitstagen am Mittelalter interessierte Historikerin Roberta Rio ist dem Phänomen des „genius loci“ nachgegangen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-21 vom 15. Januar 2021

Populärwissenschaft
Die Wirkung von Orten
Die seit Kindheitstagen am Mittelalter interessierte Historikerin Roberta Rio ist dem Phänomen des „genius loci“ nachgegangen
Manuela Rosenthal-Kappi

Von der Antike bis zur Gegenwart Warum fühlen wir uns an einigen Orten wohl und an anderen nicht? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Erkrankungen und dem Aufenthalt in Häusern oder häufigen Unfällen an bestimmten Straßenabschnitten? 

Wer mit Wünschelruten negativen Erdstrahlen auf die Spur geht, um das Phänomen zu klären, wird nicht selten belächelt oder in die Nähe von Verschwörungstheorien gerückt. Und doch gibt es wissenschaftliche Studien, die den Einfluss etwa unterirdischer Wasserquellen auf das Wohlbefinden der Menschen bestätigen. 

Die Historikerin Roberta Rio lehrt als Gastprofessorin an den Universitäten von Bologna, Wien und Berlin. 2011 stellte sie an der Universität von Glasgow erstmals ihre Methode vor, der Wirkung von Orten mithilfe der Erforschung ihrer Geschichte, auffälligen Anzeichen wie anormalen Pflanzenwuchsrichtungen und ähnlichen Erscheinungen nachzugehen. Bei ihren Theorien hilft der gebürtigen Italienerin ihr Interesse für Geschichte. Ihre Erforschung des „genius loci“ führte sie bis in die Antike zurück. 

In ihrem Buch „Der Topophilia Effekt“ berichtet sie unter anderem von einem Spaziergang mit einem Bekannten in einem Hohlgang der Etrusker im toskanischen Pitigliano (siehe Foto). Plötzlich  wurde das Display der mitgeführten Kamera schwarz. Der Akku hatte sich vollständig entleert, obwohl er zuvor aufgeladen worden war. Rios Erforschung des Phänomens legt nahe, dass die Etrusker das System der Hohlwege aus medizinischen Gründen anlegten, um den Magnetismus der Gesteine zu nutzen. Auch heute wird in der alternativen Medizin die Magnetfeldtherapie angewandt. 

Unsere Vorfahren verfügten bereits über Wissen von radioaktiven Strahlen und deren Wirkung. Der griechische Schriftsteller Plutarch berichtete von Dämpfen im Apollon-Tempel, denen er die visionären Trancezustände der Orakel-Priesterinnen von Delphi zuschrieb. Spätere Vulkanologen fanden heraus, dass der Tempel direkt über zwei Zonen der Erdkruste zu liegen scheint, sodass Gase aus dem Erdinneren in den Raum treten konnten.

Rio hat vielen hilfesuchenden Privatleuten geholfen, unerklärbare Vorgänge in ihren Wohnhäusern zu klären. Es handelt sich um eine äußerst interessante Lektüre. 

Roberta Rio: „Der Topophilia Effekt. Wie Orte auf uns wirken“, edition a, Wien 2020, gebunden, 268 Seiten, 22 Euro