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22.01.21 / Europäisches Weltraumprogramm / Ariane 6 startet nicht / Neue Trägerrakete der ESA angeblich durch Corona behindert – Tatsächlich ist sie ein Bürokratie-Opfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-21 vom 22. Januar 2021

Europäisches Weltraumprogramm
Ariane 6 startet nicht
Neue Trägerrakete der ESA angeblich durch Corona behindert – Tatsächlich ist sie ein Bürokratie-Opfer
Wolfgang Kaufmann

Die europäische Raumfahrt kommt heute wie ein Spiegelbild der Europäischen Union daher: überbürokratisiert, wettbewerbsfeindlich und innovationsschwach. Als Musterbeispiel hierfür kann die Trägerrakete Ariane 6 gelten. Deren Bau wurde im Dezember 2014 beschlossen, doch abgehoben ist das Nachfolgemodell der Ariane 5 bislang noch kein einziges Mal.

Der für Ende Dezember 2020 geplante Jungfernflug der Weltraumrakete musste nun auf das zweite Quartal 2022 verschoben werden – angeblich, weil der Weltraumbahnhof von Kourou in Französisch-Guayana zu einem Corona-Brennpunkt gehöre. Tatsächlich liegen die Probleme jedoch ganz woanders.

So fehlen noch diverse Triebwerkstests, und die Startrampe funktioniert ebenfalls nicht richtig. Die ständigen Verzögerungen können allerdings kaum verwundern. Immerhin sind an dem Projekt mehr als 600 Firmen in 13 Staaten der EU beteiligt. Das sorgt für enorme Reibungsverluste, welche die private US-Konkurrenz von SpaceX oder Blue Origin nur vom Hörensagen kennt.

Ansonsten sollten sich die Entwicklungskosten bei der Ariane 6 auf lediglich drei Milliarden Euro belaufen, also etwa die Hälfte der Summe, die Europa seinerzeit für das Vorgängermodell aufgewendet hat. Aber dabei wird es definitiv nicht bleiben. Die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) präsentierte jetzt eine Rechnung über zusätzliche 231 Millionen Euro, und bis die Rakete endlich fliegt, dürfte der finanzielle Mehraufwand dann wohl mindestens eine Milliarde Euro betragen. Auch wenn die in Aussicht gestellten Prämien für einen Erststart Ende 2020 nun natürlich entfallen.

Konkurrenz durch Elon Musk

Das ist aber noch nicht alles. Wie eine Marktanalyse der Europäischen Investitionsbank (EIB) ergab, werden die Kosten für den Nutzlasttransport ins All bei der Ariane 6 selbst unter optimalen Bedingungen doppelt so hoch liegen wie im Falle der bereits seit 2010 im Einsatz befindlichen Falcon 9 von SpaceX. 

Und wenn es dem Raumfahrtunternehmen des US-Milliardärs Elon Musk gelingt, auch seine vollständig wiederverwendbaren Raketen weiterhin als praxistauglich zu präsentieren, dann wäre das Verhältnis sogar noch viel ungünstiger. Deswegen hält sich das Interesse kommerzieller Kunden an Starts mit der Ariane 6 derzeit in engen Grenzen.

Angesichts dieser Sachlage plant die EU nun eine weitere typisch „europäische Lösung“: Wenn die private Nachfrage ausbleibt, dann müssen eben Regierungsaufträge das Manko ausgleichen. Die staatlichen Investitionen in eine unrentable und der technischen Entwicklung schon jetzt hinterherhinkende Trägerrakete sollen also dadurch gerettet werden, dass man zusätzliches Steuergeld in Satellitenprojekte von ebenso fraglichem Nutzen steckt. Dabei hätte die ESA für vier Milliarden Euro eigentlich auch 80 Starts mit der Falcon 9 buchen können.