25.04.2024

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22.01.21 / Falsche Märtyrer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-21 vom 22. Januar 2021

Falsche Märtyrer
Manuela Rosenthal-Kappi

„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Getreu diesem Motto mag Wladimir Putin gehandelt haben, als er seinen schärfsten Widersacher Alexej Nawalnyj gleich nach der Landung auf russischem Boden festnehmen ließ. 

Putin weiß sehr wohl, dass er wegen der Verhaftung Nawalnyjs und 58 weiterer Personen, darunter Oppositionelle, aber auch Journalisten, weitere Sanktionen des Westens auf sein Land ziehen wird. Die Proteste von Brüssel über Berlin bis nach Wilna folgten auf dem Fuß. Doch was die Kollegen im Westen von ihm halten, interessiert den Kremlchef längst nicht mehr. Die Sanktionsandrohungen der EU sind ein stumpfes Schwert, das in den Pelz des russischen Bären nicht mehr eindringt. Er wird sich weiterhin als Opfer westlicher Propaganda betrachten. 

Und Nawalnyj? Er gibt freiwillig den Märtyrer in der russischen Tragikomödie, wusste er doch genau, was ihn in Moskau erwartete. Er lasse sich nicht einschüchtern, sagte er vor seinem Abflug aus Berlin. Wie einst Boris Chodorkowskij, der auf die Unterstützung des Westens zählte, bietet er dem mächtigen Putin die Stirn, wohl wissend, dass er möglicherweise zu einer langen Haftstrafe verurteilt werden wird. 

Welcher vernunftbegabte Mensch tut sich und seiner Familie so etwas freiwillig an? Zumal Nawalnyj nach seiner Vergiftung mit Nowitschok zwar im Westen als Held gesehen wird, ihn zu Hause aber keine Mehrheit unterstützt. Stehen neben seinen Mitstreitern noch andere Spieler hinter ihm, die gerne in Russland die Fäden ziehen würden?

Selbst die „regierungskonformen“ russischen Blätter sehen Nawalnyjs Verhaftung kritisch. Von einer Demonstration des Idiotismus und einem schlechten Schauspiel ist da die Rede sowie davon, dass Putin selbst Nawalnyj zu seinem wichtigsten Gegner erhöht.