Während der Lockdown noch andauert, beschäftigen sich Forscher an Universitäten und Volkswirte von großen Geldhäusern bereits mit deren langfristigen Auswirkungen. Jim Reid, Analyst bei der Deutschen Bank in London, hat unlängst darauf hingewiesen, dass die Corona-Pandemie bislang zu keiner Übersterblichkeit in den jüngeren Altersgruppen geführt hat, dass die Jüngeren jedoch besonders stark von Arbeitslosigkeit als Folge des pandemiebedingten Runterfahrens des Wirtschaftslebens betroffen sind. Laut Reid werden jüngere Menschen in den kommenden Jahren sogar am meisten unter den wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 leiden. „Wir fragen uns, wie die Geschichte die weltweite Antwort darauf einschätzen wird“, so Reid.
Spaltung auf dem Arbeitsmarkt
In den Vereinigten Staaten haben sich Wissenschaftler der Duke University, der Harvard University und der Johns Hopkins University bereits intensiver mit den Langzeitfolgen der massiv gestiegenen Arbeitslosigkeit als Folge der Pandemie und der Einschränkungen beschäftigt. Einen Schwerpunkt setzten die Wissenschaftler der drei US-Universitäten dabei auf den Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Lebenserwartung. Für die Gesamtbevölkerung prognostizieren die Forscher, dass die durchschnittliche Lebenserwartung in den USA über die nächsten 15 Jahre um 0,5 Prozent zurückgehen wird. Laut den Hochrechnungen der Wissenschaftler ist im Laufe der nächsten eineinhalb bis zwei Jahrzehnte mit über einer Million zusätzlicher Todesfälle als Covid-19-Langzeitfolge zu rechnen. Eine Grundannahme der Studie ist, dass die Arbeitslosigkeit als Folge der Pandemie und der Pandemiemaßnahmen wesentlich stärker sein wird, als bei herkömmlichen Schocks auf dem Arbeitsmarkt. Die Schätzungen reichen von einer doppelt so hohen Arbeitslosigkeit bis hin zum Faktor fünf im Vergleich zu typischen Arbeitsmarktschocks. In den USA wird dies nach Ansicht der Forscher überproportional Frauen insbesondere lateinamerikanischer Abstammung treffen. Auch Afroamerikaner, Geringqualifizierte und Menschen im Alter von 16 bis 24 werden laut der Analyse die wirtschaftlichen Folgen der Pandemiekrise schnell und überproportional zu spüren bekommen. Größere Auswirkungen sehen die Forscher auch für die weiße Bevölkerung, hier allerdings vor allem längerfristig.
Auch in Deutschland erwartet Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln als Folge der Pandemie die Gefahr einer Spaltung auf dem Arbeitsmarkt. Aus Sicht Hüthers stehen auf der einen Seite Hochlohnjobs im robusten Industrie-Dienstleistungsverbund. Stark gefährdet sieht der Forscher dagegen die konsumnahen Bereiche mit vielen geringer qualifizierten Beschäftigten.