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29.01.21 / Kommentar / Am besten mundtot

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-21 vom 29. Januar 2021

Kommentar
Am besten mundtot
Erik Lommatzsch

Ein Amtsgericht in Thüringen hat in einem konkreten Fall entschieden, dass Corona-Maßnahmen verfassungswidrig sind (siehe Seite 1). In dem ausführlichen Urteil wird die Rechtmäßigkeit der diesbezüglichen Politik eindeutig verneint. Die luziden Ausführungen werden dazu beitragen, dass die Entscheidung weit über die erstinstanzliche Ebene und den in Frage stehenden „Verstoß“ hinaus deutschlandweit Bedeutung erlangen wird. Inhaltlich bestätigt es Stephan Kohn, der im letzten Frühjahr als Oberregierungsrat des Bundesinnenministeriums gravierende Defizite der Corona-Politik anprangerte (die PAZ berichtete).

Die Thüringer Gerichtsentscheidung zeigt, dass es nicht nur die gern als dümmlich und entsprechend nicht beachtenswert abgetanen „Verschwörungstheoretiker“ gibt, sondern gestandene Juristen, die das Regierungshandeln für fatal und überdies für verfassungswidrig halten. 

Wie unverzichtbar die Judikative als dritte, von jedermann anrufbare Gewalt neben Legislative und Exekutive ist, wird besonders spürbar in einer Zeit, in der lautstarke Rufe nach Unterdrückung von nicht genehmen Ansichten und Tatsachen erfolgen. Zu vernehmen sind diese auch aus dem Bereich, der – inoffiziellen – „vierten Gewalt“, den Medien. Deren Kennzeichen sollten Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit und vor allem der Drang zu kritischer Beobachtung der anderen drei Gewalten sein. So zumindest die Theorie in einem demokratischen Staatswesen.

Genau das Gegenteil repräsentiert der einflussreiche Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, Professor an der Universität Tübingen. Nahezu zeitgleich mit dem Thüringer Urteilsspruch stellte Pörksen in einem Interview mit dem „Weser-Kurier“ klar, dass es für ihn bezüglich der „Corona-Politik“ exakt eine richtige Einschätzung der Lage gibt, und zwar die der derzeitigen Bundesregierung. Vertretern anderer Bewertungen solle am besten gar keine Möglichkeit zur Äußerung gegeben werden.

Pörksen beklagt „eine verwirrende Vielstimmigkeit“ in der Berichterstattung, „die der Journalismus nicht ausreichend geordnet hat“. Er behauptet: „Es gab unter den führenden Virologen bereits früh die Einschätzung, dass kein Weg an einem harten Lockdown im Spätherbst vorbeiführt.“ Dies wäre korrekt, wenn mit „den führenden Virologen“ die überschaubare Anzahl an „Experten“ gemeint ist, die die Politik der Bundesregierung unterstützen. Das bestätigt er, indem er später von „der Wahl der richtigen Expertinnen und Experten“ spricht. Pörksen fordert dazu auf, mit „mehr Entschiedenheit besser durch die Krise“ zu kommen. Nur einer Seite ihre Berechtigung zugestehend, erklärt er, der politische Journalismus stehe „erkennbar vor einem Problem“: Er komme „mit der Eindeutigkeit der Gefährdungslage und seinen eigenen Interpretationsroutinen nicht so gut zurecht“. Vorsorglich heißt es weiter: „Man wird nicht mit allen reden können.“ Pörksens Ansichten über die Rolle der „vierten Gewalt“ sind eindeutig: „Es braucht keine Räume der Selbstdarstellung in den Medien für Querdenker oder Pegida-Anhänger“, und es „gilt, sich in einer Zeit, in der Populisten und Faktenverdreher mächtiger werden, von einem falsch verstandenen Ausgewogenheits- und Neutralitätsideal zu verabschieden“. 

Auch die Politik schickt sich an, einer Zensur das Wort zu reden, um Auseinandersetzungen in der Sache aus dem Weg zu gehen. So begrüßte Annalena Baerbock ausdrücklich die Sperrung von Donald Trump bei „Twitter“ und „Facebook“. Dies hätte „schon vor vier Jahren geschehen“ müssen. Baerbock hat offenbar vergessen, dass es sich bei Trump um den demokratisch legitimierten Präsidenten der Vereinigten Staaten handelte. „Hass und Hetze“ sind inzwischen Standardbegründungen für das auch von ihr immer wieder vorgebrachte Verlangen nach Gesetzen, um unliebsame Äußerungen zu unterbinden. Ganz im Sinne von Robert Habeck, mit dem sie sich den Grünen-Vorsitz teilt. Dieser äußerte bereits Ende 2019, man habe doch „überall Verbote“. Das sei „die Bedingung für Freiheit“. Besorgniserregend ist dies, da nach der nächsten Bundestagswahl eine schwarz-grüne oder gar grün-schwarze Koalition wahrscheinlich ist und Baerbock und Habeck als Kandidaten für hohe Regierungsämter gehandelt werden. 

Angesichts derartiger Positionen können die Bürger dankbar sein, dass es in Deutschland noch Richter wie die in Thüringen gibt, die nach ihrer Einschätzung der Lage und nicht nach den Wünschen der Politik urteilen.