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29.01.21 / John Schehr / Thälmanns Nachfolger aus Altona

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-21 vom 29. Januar 2021

John Schehr
Thälmanns Nachfolger aus Altona
Erik Lommatzsch

Anders als Ernst Thälmann kam dessen weniger bekannter Nachfolger an der Spitze der Kommunistischen Partei Deutschlands nicht in Hamburg, sondern in dessen damals noch nicht eingemeindeter preußischer Nachbarstadt Altona zur Welt. Am 9. Februar jährt sich John Schehrs Geburtstag zum 125. Mal.

In die SPD trat der Spross einer Arbeiterfamilie 1912 ein. Über die Unabhängigen Sozialdemokraten fand der Schlosser 1920 zur KPD. Er war einer  der engsten Gefolgsleute Thälmanns und wurde hauptamtlicher Mitarbeiter der Partei. Nur unterbrochen von einem kurzzeitigen Karriereknick, den er ebenso wie Thälmann im Zusammenhang mit der nach dem KPD-Funktionär John Wittorf benannten Unterschlagungsaffäre im Jahre 1928 erlitt, stieg er kontinuierlich im Apparat auf. 1932 kooptierte ihn das Zentralkomitee als Vollmitglied, er wurde de facto Thälmanns Stellvertreter. Als Abgeordneter zog er in den Preußischen Landtag und den Reichstag ein. Nachdem Thälmann im März 1933 festgenommen worden war, bestimmte die Kommunistische Internationale Schehr zum KPD-Vorsitzenden. 

Eine erste Verhaftung Schehrs war bereits im November 1932, also in der Weimarer Zeit, erfolgt. Bei ihm wurde Material über illegale Aktivitäten seiner Partei gefunden. Als Parlamentarier wurde er jedoch relativ schnell wieder entlassen. 

Mit einer abermaligen Verhaftung im November 1933, nunmehr durch die Gestapo, begann die Geschichte, die ihn ähnlich wie Thälmann, wenn auch in einem kleineren Maßstab, in den Augen vor allem der Kommunisten zu einem Märtyrer werden ließ und zu seiner nachmaligen, kultischen Verehrung führte. Der Folter, unter der er zu Aussagen über seine Tätigkeit und seine Mitstreiter bewegt werden sollte, hielt er stand. Er erlitt schwere Verbrennungen und verlor wohl ein Auge. Am 1. Februar 1934 wurde Schehr zusammen mit drei anderen Parteifunktionären während einer Überstellung von der Gestapo erschossen. In der offiziellen Variante hieß es: „auf der Flucht“. Es handelte sich wohl um eine Vergeltungsmaßnahme für die an jenem Tag erfolgte Ermordung des V-Mannes der Gestapo Alfred Kattner durch die KPD.

Der kommunistische Schriftsteller Erich Weinert verfasste noch im selben Jahr das Gedicht „John Schehr und Genossen“. In der DDR mussten Generationen von Schülern die in kämpferischem Pathos verfassten Verse auswendig lernen. Wie andere Kommunisten wurde er Namensgeber für Schulen und Schiffe. Das Mot.-Schützenregiment 24 der NVA trug den Ehrennamen „John Schehr“. Diese Armee gibt es inzwischen nicht mehr, aber bis heute existiert weiterhin eine Vielzahl von John-Schehr-Straßen, eine davon sogar in der Hauptstadt.