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29.01.21 / Kampf der Ansichten / Abtreibungsgegner schlagen zurück / Nach Demonstrationen erzürnter Frauen: In Allenstein sorgt eine neue Plakataktion für Aufsehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-21 vom 29. Januar 2021

Kampf der Ansichten
Abtreibungsgegner schlagen zurück
Nach Demonstrationen erzürnter Frauen: In Allenstein sorgt eine neue Plakataktion für Aufsehen
Dawid Kazanski

Seit einigen Wochen kann man an den Straßen polnischer Städte Plakate mit einer Darstellung eines Fötus im Mutterleib in Form eines Herzens sehen. In Allenstein befinden sich die riesigen Plakatwände an großen Kreuzungen, entlang der Hauptverkehrsadern der Stadt oder vor dem Hauptbahnhof. Sie sind auffällig, weil sie sich auf das äußerst wichtige Thema der Abtreibung beziehen, das seit einigen Monaten Gegenstand einer heftigen öffentlichen Auseinandersetzung zwischen einem großen Teil der Gesellschaft und der Regierung ist. 

Die Plakatkampagne ist eine Antwort der Abtreibungsgegner auf die Frauenstreiks, die seit dem 22. Oktober als Reaktion auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Verschärfung des Abtreibungsgesetzes stattfinden. Es scheint, dass im Zeitalter immer restriktiverer Epidemie-bedingter Einschränkungen der Krieg der Weltanschauungen von der Straße auf die Plakatwände übergegangen ist. 

Noch ist nicht bekannt, wer hinter der Anti-Abtreibungs-Plakataktion steckt, aber sie löste im ganzen Land viele Kontroversen aus. Obwohl auf den Postern weder ein Slogan noch eine Urheberangabe zu finden ist, stellte sich heraus, dass die Grafik des Embryos in einer herzförmigen Gebärmutter ein verändertes Werk der jungen russischen Künstlerin Katrin Glaskowa ist. Wie viele andere stellt die Künstlerin ihre Werke ins Internet, wo sie gegen eine Nutzungsgebühr heruntergeladen und verwendet werden dürfen. 

So geschah es auch in diesem Fall. Die Grafik wurde nur geringfügig verändert und sieht der ursprünglichen Version zum Verwechseln ähnlich. In dieser Form ist sie auf großformatigen Plakatwänden in vielen polnischen Städten zu sehen. Die Illustratorin selbst erfuhr von der Verwendung ihrer Arbeit durch Kommentare der Abtreibungsgegner in den sozialen Medien. Sie hatte keine Ahnung, dass ihr Werk als Symbol für die Bewegung, die für das Abtreibungsverbot kämpft, verwendet wurde und dass sie damit starke Emotionen hervorrief. Die Künstlerin sagte: „Dieses Bild wurde als Inbegriff der Freude an der Mutterschaft gezeichnet, aber nicht als eine erzwungene Mutterschaft, bei der von keiner Liebe und Freude die Rede sein kann. Diese Verbote sind sinnlos, schädlich und verletzen die Menschenrechte; sie schaden sowohl Frauen als auch ungewollten Kindern.“

Glaskowa distanzierte sich von Andeutungen, dass sie sich auf der Seite der Abtreibungsgegner engagiere. Im Gegenteil: Sie akzeptiert den Druck, der auf Frauen ausgeübt wird, nicht, sondern ist eine Befürworterin des Rechts auf Selbstbestimmung. In einem weiteren Post erklärte die Künstlerin, dass sie polnische Frauen im Kampf für ihre Rechte unterstützt: „Diese Illustration wurde als etwas Positives gemalt, als eine Verkörperung der Freude an der Mutterschaft und definitiv nicht als Symbol für die Unterdrückung der Frauenrechte ... ich hätte nie erwartet, dass sich die Dinge so entwickeln könnten. Als Frau und Künstlerin unterstütze ich voll und ganz die polnischen Frauen in ihrem Kampf um das Recht, Entscheidungen zu treffen.” 

Bereits im Dezember vergangenen Jahres veröffentlichte Glaskowa eine Grafik mit dem Symbol der polnischen Frauenstreikbewegung und lud sie unter freier Lizenz zur Verfügung hoch, womit sie sich eindeutig auf die Seite der Polen stellte, die sich gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts aussprechen. Die neue Illustration zeigt eine unbekleidete  Frau, die in einen Blitz eingezeichnet ist – ein Markenzeichen der protestierenden Frauen – und die Botschaft der Grafik soll nach Ansicht der Autorin eindeutig zu verstehen geben: „Bleib weg von meinem Körper!“