20.04.2024

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05.02.21 / Deutsch-polnische Beziehungen / Wenn der Umweltschutz zweitrangig wird / Warschau plant Ausbau der Oder – Und Berlin schaut weg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-21 vom 05. Februar 2021

Deutsch-polnische Beziehungen
Wenn der Umweltschutz zweitrangig wird
Warschau plant Ausbau der Oder – Und Berlin schaut weg
Norman Hanert

Die Oder hat sich im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte wieder hin zu einem sehr naturnahen Zustand entwickelt. Bei Schwedt, am Unterlauf der Oder, ist seit 1990 sogar Deutschlands einziger Nationalpark mit einer Flussauenlandschaft entstanden. 

Jedoch genehmigte bereits im vergangenen Jahr die Stettiner Wasserbehörde die Erneuerung von Buhnen am östlichen Oderufer im Bereich zwischen der Frankfurter Dammvorstadt und Greifenhagen [Gryfino]. Erklärtes Ziel des Vorhabens ist es, die Oder durch die Buhnen und sogenannte Längsbauwerke schneller und tiefer zu machen, um so Eisbrechern Zugang zu Eisbarrieren zu verschaffen. Kritiker sehen hinter dem Hochwasserschutz allerdings einen Vorwand, um die Oder ganzjährig für Frachtschiffe befahrbar zu machen. 

Donau-Oder-Elbe-Kanal geplant

Diese Befürchtungen scheinen sich nun zu bestätigen. Nach Plänen des Warschauer Infrastrukturministeriums, die am 23. Dezember öffentlich wurden, sollen in der Oder auch noch Staustufen gebaut werden. Laut den Plänen soll der Fluss hinter den Stau- und Schleusenbauwerken auf bis zu acht Kilometer langen Abschnitten ausgebaggert werden. Als Resultat würde sich die Wassertiefe an vielen Abschnitten der Oder damit fast verdoppeln. 

Darüber hinaus lassen sich die Staustufenpläne des Warschauer Infrastrukturministeriums als Teil eines Donau-Oder-Elbe-Kanals interpretieren. Prag und Warschau haben die bereits ältere Idee einer Wasserstraßenverbindung zwischen Schwarzem Meer sowie Ost- und Nordsee vor einigen Jahren aufgegriffen und hoffen auf EU-Gelder für das Projekt. In einer tschechischen Studie ist eine Schätzung enthalten, welche die Kosten des Mammutprojekts auf etwa 23,5 Milliarden Euro beziffert. Wegen langanhaltender Niedrigwasserphasen müssten Oder und Elbe hierfür unter anderem mit Dutzenden Staustufen kanalisiert werden. 

Bereits im Sommer 2020 haben Naturschutzverbände aus fünf Ländern eine Kooperation vereinbart, um bei der EU-Kommission gegen das Projekt vorzugehen. Anders als bei vielen anderen Initiativen zum Naturschutz ist bislang jedoch keine Unterstützung durch die Bundesregierung spürbar. Bereits vergangenes Jahr hatte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) bei einer Landtagsanhörung eingeräumt, es sei schwierig, gegen die polnischen Pläne zum Buhnenneubau vorzugehen, solange die Bedenken nicht vom Bundesumweltministerium unterstützt würden. Über die Gründe der Zurückhaltung der Bundesregierung kann einstweilen nur spekuliert werden. Vor dem Hintergrund der angespannten Beziehungen zwischen Berlin und Warschau haben einige Kommentatoren den Verdacht geäußert, die Bundesregierung scheue es, mit den polnischen Oder-Ausbauplänen einen weiteren Streitfall zu haben.