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12.02.21 / Agrar-holdings / Äcker statt Anleihen / Investoren suchen Anlagemöglichkeiten – Preise für landwirtschaftliche Flächen schießen in die Höhe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-21 vom 12. Februar 2021

Agrar-holdings
Äcker statt Anleihen
Investoren suchen Anlagemöglichkeiten – Preise für landwirtschaftliche Flächen schießen in die Höhe
Norman Hanert

Ein Firmenkauf im ländlichen Raum stieß vergangenes Jahr auf bundesweites Interesse: Thüringens früherer Bauernpräsident Klaus Kliem (70) wollte seinen Agrarbetrieb abgeben. Die Kinder hatten Berufe außerhalb der Landwirtschaft und standen als Nachfolger nicht zur Verfügung. Interesse zeigte eine GmbH, die zur Lucas Stiftung des Aldi-Erben Theo Albrecht junior gehört. Mit einer bewirtschafteten Fläche von rund 6000 Hektar und einem Kaufpreis von 40 Millionen Euro war dies die bislang größte Übernahme eines Agrarbetriebes in Thüringen.

Dieser Eigentümerwechsel kann exemplarisch für eine Entwicklung gesehen werden, die in den östlichen Bundesländern in Gang gekommen ist: Hier sind Agrarbetriebe meist deutlich größer als die rund 62 Hektar im Bundesdurchschnitt. Das Statistische Bundesamt gibt für 2019 für Thüringens Agrarbetriebe im Schnitt eine Betriebsgröße von 219 Hektar an. Bei vielen dieser Anfang der 1990er Jahren gegründeten großen Agrarfirmen steht ein Generationswechsel an.

Dem gegenüber steht das Interesse von Investoren, die angesichts von Niedrigzinsen Anlagemöglichkeiten suchen. Die Nachfrage hat mit dazu beigetragen, dass vielerorts die Preise für landwirtschaftliche Flächen durch die Decke gegangen sind. So stark, dass bäuerliche Familienbetriebe sich weder Kauf noch Pacht leisten können. Verschärfend kommt aus Sicht der Landwirte hinzu, dass oft sehr große Flächen angeboten werden. Genau das kommt den branchenfremden Investoren entgegen. Sie erwerben Beteiligungen an Agrarfirmen samt riesigen Flächen und entsprechenden EU-Agrarsubventionen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und auch Landespolitiker betrachten die Entwicklung mit Sorge. Wie das Bundesforschungsinstitut Thünen in einer Studie festgestellt hat, sind die Auswirkungen für den ländlichen Raum tiefgreifend: Bäuerliche Familienbetriebe verschwinden, stattdessen entstehen überregionale Agrarholdings. Mit dieser Entwicklung fallen Steuereinnahmen in der Region weg. Die Wertschöpfung fließt zu den Zentralen der Agrarholdings. Untersucht haben die Braunschweiger Forscher für ihre Studie Regionen in Mecklenburg-Vorpommern und im brandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland. In den ausgewählten Regionen war die Hälfte der Flächen in den vergangenen Jahren an Nicht-Landwirte übertragen worden. Laut dem Studienleiter Andreas Tietz handelt es sich bei den branchenfremden Investoren oft um Unternehmer, die ihr Privatvermögen anlegen wollen.