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12.02.21 / Renaissancekünstler / Michelangelos Ebenbild / Vor 450 Jahren starb Benvenuto Cellini – Goethe übersetzte die Autobiographie des Draufgängers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-21 vom 12. Februar 2021

Renaissancekünstler
Michelangelos Ebenbild
Vor 450 Jahren starb Benvenuto Cellini – Goethe übersetzte die Autobiographie des Draufgängers
Harald Tews

Auf der Piazza della Signoria, dem zentralen Platz von Florenz, stehen sich zwei der bedeutendsten Renaissanceskulpturen vis-à-vis gegenüber. Direkt vor dem Palazzo Vecchio fällt die Kopie des aus einem Marmorstück gehauenen fünf Meter großen, nackten „David“ von Michelangelo auf. Nur wenige Schritte gegenüber hält in der Loggia dei Lanzi, einem Teil der Uffizien, ein bronzener Perseus mit seiner Linken das abgeschlagene Haupt der Medusa in die Höhe.

Die auf einem Sockel stehende Skulptur befindet sich auf Augenhöhe mit dem David, sowohl was die Höhe als auch was die kunsthistorische Bedeutung betrifft. Geschaffen wurde sie von einem Künstler, der dazu noch eine ähnlich schillernde Biographie aufweist wie Michelangelo. Es handelt sich um den am 13. Februar 1571 gestorbenen Goldschmied, Medailleur, Autor, Musiker, Sodomit, Dieb, Mörder und Papstliebling Benvenuto Cellini.

Dass man so manches von seinem exzentrischen Leben weiß, verdankt man auch seiner Autobiographie, die Goethe  nach seiner Rückkehr aus Italien ins Deutsche übertragen hat. Fast kann man das Buch „Leben des Benvenuto Cellini“ als eigenständiges Werk Goethes bezeichnen, hat er es doch recht frei übersetzt. Als Anhang zum Buch hat er außerdem eine Abhandlung „bezüglich auf Sitten, Kunst und Technik“ geliefert.

Diese drei Aspekte finden sich reichlich in der Biographie. Der im Jahr 1500 in Florenz geborene Cellini zeichnet dabei ein geschöntes Bild seines ziemlich sittenlosen Lebens. Mindestens drei Morde hat er begangen, von dem Zeitgenossen sagten, dass er „mehr an die Waffen, als an die Kunst“ denkt. Natürlich hatte er stets „gute“ Begründungen für seine Taten: Rache am Todfeind oder Zufall spielten eine Rolle. Den Tod eines wütenden Postmeisters schildert er so: Das Gewehr sei von selbst losgegangen, „die Kugel traf den Bogen des Tors, schlug zurück und traf den Mann gerade in den Hals, so daß er tot zur Erde fiel“.

Egal, was er auch anstellte, die Päpste, erst Clemens VII., dann Paul III., hielten die schützende Hand über ihre Lieblingskünstler. Auch darin glich er dem 25 Jahre älteren Michelangelo. Beide erfreuten sich der Gunst der Päpste und machten als Florentiner Künstler Karriere im Vatikan. Nur als Cellini der Falschmünzerei beschuldigt wurde, sperrte man ihn in der Engelsburg ein. Seine Schilderung eines Fluchtversuchs liest sich ebenso spannend wie in Casanovas „Memoiren“ dessen Flucht aus den Bleikammern von Venedig.

Den breitesten Raum in Cellinis „Leben“ aber nimmt seine Bildhauerkunst und die technische Umsetzung ein. Wie er das berühmte filigrane, goldene Salzfass für den französischen König Franz I., das heute im Kunsthistorischen Museum Wien zu Hause ist, anfertigte, war ebenso abenteuerlich wie die Herstellung des „Perseus mit dem Medusenhaupt“, bei dem er fast die eigene Werkstatt abgefackelt hat. Denn der Ofen platzte, als er die Bronze für die aus einem Stück bestehende Riesenfigur schmelzen wollte.

Das bewegte Leben des Cellini inspirierte auch den Franzosen Hector Berlioz zu seiner Oper „Benvenuto Cellini“, für die Franz Liszt 1852 eine Fassung in deutscher Sprache schuf. Breiten Raum nimmt darin eine Liebesgeschichte mit einer Frau ein, wobei unterschlagen wird, dass Cellini – wie Michelangelo – homosexuelle Neigungen besaß.