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12.02.21 / Religion / Von Adam und Eva bis zur Gegenwart / Auf fesselnde Weise erzählt der Theologe Jörg Lauster die Geschichte des Christentums und dessen Einfluss auf die Kultur des Abendlandes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-21 vom 12. Februar 2021

Religion
Von Adam und Eva bis zur Gegenwart
Auf fesselnde Weise erzählt der Theologe Jörg Lauster die Geschichte des Christentums und dessen Einfluss auf die Kultur des Abendlandes
Dirk klose

Als diese „Kulturgeschichte des Christentums“ vor sechs Jahren erschien, erregte „Die Verzauberung der Welt“ wegen der beeindruckenden Darstellung eines derart komplexen Themas viel Bewunderung. Trotz des recht hohen Preises hat sie die vierte Auflage erreicht. Nun ist eine günstigere, broschierte Ausgabe erschienen, die noch mehr Leser zu einem großen Leseabenteuer verleiten könnte. 

Der Autor Jörg Lauster ist Professor für Theologie und Religionsphilosophie an der Universität Marburg. Sein Werk ist kein theologisches Buch, keine heilsgeschichtliche Darstellung. In nüchtern-historiographischer Diktion beschreibt er den Siegeszug einer monotheistisch geprägten Idee, die Europa wie keine andere durch fast zwei Jahrtausende geprägt hat und erst in unseren Tagen zu verblassen scheint. Fast ließe sich sagen, die Geschichte des Christentums ist die Geschichte Europas schlechthin. 

Der Autor beginnt fast sprichwörtlich „bei Adam und Eva“, also beim ausgeprägten Sendungsbewusstsein des „Religionsstifters Jesu“. Dann zeigt er in chronologischer Abfolge, welch eine Kulturrevolution das frühe Christentum in der Antike bedeutete. Die lange Christianisierung Europas mündete in den Aufstieg des Abendlandes und in der Weltherrschaft des Papstes. Renaissance und Reformation relativierten das Papsttum, ohne es allerdings ernstlich zu gefährden, ebenso wenig der die weltliche und christliche Pracht verbindende Barock. Erst im 19. und dann vollends im 20. Jahrhundert verliert das Christentum seine dominierende Stellung.

Lauster beschreibt beides, sowohl die großen kulturellen als auch politischen Leistungen des Christentums, wie sie sich in früher Staatenbildung und in der Förderung von Kunst und Wissenschaft zeigen, als auch entsetzliche Verfehlungen durch viele Jahrhunderte: die fanatisierten Kreuzzüge, die Hysterie von Schwärmern und Bußpredigern, die Inquisition, gnadenlose Religionskriege und ebenso gnadenlose Verfolgung religiöser Minderheiten, Kulturkämpfe und Antimodernismus. 

Am Ende steht der Leser ebenso erschöpft wie hingerissen von so vielem extremen Auf und Ab einer Idee, die sich auf göttliches Gebot berief und doch zutiefst menschlich war – und ist.

Jörg Lauster: „Die Verzauberung der Welt. Eine Kulturgeschichte des Christentums“, C.H. Beck Verlag, München 2020, broschiert, 734 Seiten, 18 Euro