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19.02.21 / Helmut Schön / Der Mann mit der Mütze / Mit ihm als Trainer erlebte die deutsche Fußballnationalmannschaft goldene Jahre – Vor 25 Jahren starb er in Wiesbaden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-21 vom 19. Februar 2021

Helmut Schön
Der Mann mit der Mütze
Mit ihm als Trainer erlebte die deutsche Fußballnationalmannschaft goldene Jahre – Vor 25 Jahren starb er in Wiesbaden
Manuel Ruoff

Als „General mit Herz, ein Freund zugleich und Boss“ hat Udo Jürgens Helmut Schön bei dessen Abschied in seinem Lied „Der Mann mit der Mütze“ charakterisiert. Schön war kein „Diktator im Trainingsanzug“. Er hatte einen ganz anderen Führungsstil als Sepp Herberger. Auch in seiner Herkunft unterschied er sich sehr von seinem Vorgänger im Amte des Trainers der deutschen Fußballnationalmannschaft. Er war ein Schöngeist bürgerlicher Herkunft. 

Der Sohn eines Kunsthändlers und Musikliebhaber spielte aber auch gerne Fußball. Und so wurde er Berufsfußballer. Angesichts seiner bürgerlichen Herkunft verwundert es nicht, dass der am 15. September 1915 zur Welt gekommene Dresdner für den als bürgerlich geltenden Dresdner Sport-Club 1898 e.V. spielte. Als „bürgerlicher Verein und Symbol feudaler Cliquenwirtschaft“ wurde Schöns Verein nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch von der Obrigkeit verboten, und er selbst ging schließlich in den Westen.

Wenn Herberger Schön auch als Spieler für zu weich hielt, um ihn längerfristig in der Nationalmannschaft zu behalten, so lernte er ihn doch spätestens bei den beiden Qualifikationsspielen zwischen der bundesdeutschen und der saarländischen Auswahl für die Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz schätzen. Herberger trainierte die bundesdeutsche, Schön, der mittlerweile vom Spielfeld auf die Trainerbank gewechselt war, die saarländische Mannschaft. Herberger wählte sich Schön nicht nur zu seinem Assistenten, sondern baute ihn auch als seinen Nachfolger auf. 1964 erfolgte der Stabwechsel.

Es folgten nun goldene Jahre des deutschen Fußballs mit legendären Spielen und Spielern. 1966 schaffte es die Bundesrepublik in England bis ins Finale und konnte erst dort vom Gastgeber und den Unparteiischen gestoppt werden. 1970 bestritten die Deutschen mit Italien im Halbfinale der Weltmeisterschaft 1970 in Mexiko das sogenannte Jahrhundertspiel. Bei der anschließenden Fußballeuropameisterschaft des Jahres 1972 in Belgien liefen die Deutschen zur Höchstform auf. Den krönenden Abschluss bildete ein 3:0 gegen die Sowjetunion im Finale. Neidlos gestand Schöns sowjetisches Pendant Ponomarjow nach Spielschluss: „Wir müssen von den Deutschen lernen. Sie haben Spielzüge, die in keinem Lehrbuch stehen.“

Der deutsche Fußball und mit ihm die deutsche Nationalmannschaft hatten einen, wenn nicht den Zenit erreicht. Zwar wurde erst zwei Jahre später mit dem Weltmeistertitel im eigenen Land der förmliche Höhepunkt erreicht, doch ging es da schon wieder bergab. Schatten lagen auf dieser WM. Die Europameister von 1972 wussten um ihren Marktwert und es kam zu finanziellem Gefeilsche. 

Die Professionalisierung hatte den Fußball erreicht. Das war nicht mehr die Welt des Idealisten und Sportsfreunds Schön. Die 0:1-Niederlage ausgerechnet gegen den Staat, dessentwegen er Dresden verlassen hatte, war ein sportlicher Tiefpunkt. Mithilfe seines Kapitäns Franz Beckenbauer reichte es dann aber doch noch bis ins Finale, wo ein Zittersieg gegen die Niederlande den Weltmeistertitel brachte. 1976 folgte der Vizeeuropameistertitel als Abschluss.

Es stellt eine gewisse Tragik dar, dass bei allen sein Erfolgen Schöns beruflicher Abgang eher kurios denn würdig war. Die „Schmach von Cordoba“, das blamable 2:3 gegen Österreich, ließ die Bundesrepublik bereits in der Zwischenrunde der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien ausscheiden. Schön hatte bereits vor dem Turnier bekanntgegeben, dass dieses sein letztes sein würde. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger als Nationaltrainer, der Schwierigkeiten mit der machtlosen Position als Ehemaliger klar hatte erkennen lassen, zog Schön sich aus der Öffentlichkeit zurück. Am 23. Februar 1996 starb er in einem Pflegeheim in Wiesbaden, der Stadt, in der er nach seinem Wechsel von der DDR in den Westen seine westdeutsche Fußballtrainerlaufbahn begonnen hatte und die er so mochte, weil sie ihn „so sehr an Dresden erinnerte: auch eine ehemalige Residenzstadt, auch eine Beamtenstadt, die schönen Anlagen, die Wälder ringsum“.