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26.02.21 / Nahverkehr / Funktioniert nur bei „Kaiserwetter“ / Wegen Kälte waren Berlins E-Busse kaum noch zu gebrauchen – Gefährdet die Energiewende den ÖPNV?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-21 vom 26. Februar 2021

Nahverkehr
Funktioniert nur bei „Kaiserwetter“
Wegen Kälte waren Berlins E-Busse kaum noch zu gebrauchen – Gefährdet die Energiewende den ÖPNV?
Norman Hanert

Einige wenige Wintertage mit zweistelligen Minusgraden haben ausgereicht, um zu zeigen, wie wenig praxistauglich „Öko“-Strom und Elektromobilität sind. In Berlin hat der kurze Kälteeinbruch Mitte Februar erneut zu Problemen bei den Elektrobussen der städtischen Verkehrsgesellschaft (BVG) geführt. 

Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtet, fielen allein am 15. Februar 23 Mal Elektrobusse aus, weil durch die Kälte die Batterieladungen nicht ausgereicht haben. Laut „Tagesspiegel“ machte auch am Folgetag bei 20 Fahrten der Akku schlapp, weil die Heizung für die Fahrzeuge zu viel Strom verbrauchte. Betroffen sind Busse des Herstellers Solaris aus Posen, die erst vergangenes Jahr ausgeliefert wurden. Diese Busse haben nicht nur einen elektrischen Antrieb, sondern auch Heizung und Klimaanlage laufen komplett über Batteriestrom.

Die Reichweite mehrerer dieser E-Busse soll während der kalten Tage sogar auf nur noch etwa 90 anstatt 200 Kilometer abgesunken sein. Zum Vergleich: Die Dieselbusse der BVG legen am Tag 600 bis 700 Kilometer zurück. Aufgrund der Batterieprobleme ersetzte die Verkehrsgesellschaft auf einigen Linie die E-Busse durch herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Die betroffenen Elektro-Fahrzeuge wurden stattdessen auf Linien eingesetzt, die näher am Omnibus-Betriebshof in der Weißenseer Indira-Ghandi-Straße liegen. 

Plan: Bis 2030 nur noch E-Mobile

Zur Diskussion steht nun die Frage, ob der Bushersteller die Batterien austauschen muss. Gegenüber dem Sender RBB sagte die BVG-Sprecherin Petra Nelken zu den Problemen mit den E-Fahrzeugen: „Wir haben einen Bus gekauft, der auch bei Minusgraden 130 Kilometer weit fahren soll.“ Es sei nun Aufgabe des Herstellers, zu schauen, warum dies nicht der Fall sei, so Nelken.

Zum Jahresende waren bei der BVG 137 Elektrobusse im Betrieb, bis 2030 will das landeseigene Unternehmen sogar die gesamte Busflotte auf E-Fahrzeuge umstellen. Der Wechsel stellt ein Mammutprojekt dar. Mit rund 1450 Fahrzeugen betreibt die BVG die größte Linienbusflotte Deutschlands. Laut Kalkulation der BVG sollen bis zum Ende 2030 insgesamt 5,4 Milliarden Euro in die Busflotte fließen. Dabei verursacht der Verzicht auf die Dieselfahrzeuge erhebliche Zusatzkosten. 

Ganz erheblich schlagen allein die höheren Anschaffungspreise der E-Busse zu Buche: Die 90 E-Busse, die das Unternehmen vor zwei Jahren bei Solaris orderte, haben inklusive der notwendigen Lade-Infrastruktur insgesamt 61 Millionen Euro gekostet. Dies entspricht einem Kaufpreis von rund 680.000 Euro pro Fahrzeug. 

Für einen herkömmlichen Dieselbus mit strengsten Abgaswerten müsste die BVG nur ein Drittel dieses Preises zahlen. Laut einer Kalkulation, die vergangenes Jahr öffentlich wurde, geht die BVG insgesamt davon aus, dass die Umrüstung auf die E-Busse zu Mehrkosten von mehr als 2,3 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahrzehnts führen wird.

Die E-Mobilität ist nicht der einzige Bereich, in dem die Politik für Investitionsentscheidungen im Milliardenbereich sorgt, obwohl ganz grundlegende Fragen bislang noch immer ungeklärt sind. Der diesjährige Winter zeigt auch erneut, dass die „erneuerbaren“ Energien keine sicherere Stromversorgung gewährleisten können. 

Probleme „sträflich vernachlässigt“

Wie schon mehrmals in den Vorjahren ist auch im diesjährigen Januar deutlich geworden, dass das System der wetterbedingt schwankungsanfälligen Energie große Versorgungsrisiken birgt. So konnten die „Erneuerbaren“ im Januar nur rund 36 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken. Mitverantwortlich für den niedrigen Durchschnittswert zeichnen sogenannte Dunkelflauten, bei denen weder Wind noch Sonne Energie spenden. Der Wetterlage entsprechend liefen nach Angaben der Energieversorger auch in diesem Januar wieder die Kohlekraftwerke in der Lausitz auf Hochtouren.

Im RBB wies der an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg lehrende Energie-Experte Harald Schwarz darauf hin, dass es immer wieder Tage und Wochen im Jahr gebe, in denen weder Windkraftanlagen noch die Fotovoltaik etwas zur Stromversorgung beitragen könnten: „Das sind Dinge, die sind physikalisch begründet und seit hundert Jahren bekannt, werden aber in der gesamten Diskussion um die Energiewende sträflich vernachlässigt.“ Nach Angaben des Experten tut sich im Strommix aus Kohle, Atom, Öl/Gas und regenerativen Energien bereits in zwei Jahren eine Lücke im sicheren Stromangebot auf, die in den folgenden Wintern immer größer werde.