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05.03.21 / Politik / Das politische Versagen kommt nicht von ungefähr / Im gegenwärtigen Impfstoff-Drama offenbart sich wieder einmal die eklatante Führungsschwäche der Bundeskanzlerin. Die Folgen sind gravierend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-21 vom 03. März 2021

Politik
Das politische Versagen kommt nicht von ungefähr
Im gegenwärtigen Impfstoff-Drama offenbart sich wieder einmal die eklatante Führungsschwäche der Bundeskanzlerin. Die Folgen sind gravierend
René Nehring

Rund zehn Wochen nach der Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs in der Europäischen Union lässt sich das Versagen der politischen Führung in Berlin und Brüssel nicht mehr kaschieren. Während Israel, die USA und Großbritannien weite Teile der Bevölkerung gegen das Virus immunisiert haben, sind in Deutschland gerade einmal vier Prozent der Bürger geimpft. 

Anstatt wie Benjamin Netanjahu, Donald Trump oder Boris Johnson unbürokratisch den rettenden Impfstoff zu sichern, übergab die Bundesregierung die Beschaffung an eine Instanz, die im Laufe der Pandemie keinen einzigen Beitrag zur Lösung beigetragen hatte – die EU-Kommission. Die Konsequenz ist eine Fortsetzung des Lockdown auf unbestimmte Zeit. 

Das Scheitern eines Politikstils 

Seit ihrem Amtsantritt wurde Angela Merkel von Kommentatoren oft attestiert, Probleme „vom Ende her“ zu denken; also alle Optionen abzuwägen, bevor sie sich in einer Angelegenheit festlegt. Doch immer mehr zeigt sich, dass ihr Zögern in wesentlichen Fragen kein strategisches Abwägen ist, sondern ein taktisches Zaudern, bei dem es vor allem darauf ankommt, dass ihr eigenes Image keinen Schaden nimmt. 

Seit die damalige Oppositionsführerin mit einem wirtschaftsliberalen Kurs bei der Bundestagswahl 2005 fast gescheitert wäre, vermeidet die geschickte Taktiererin in gravierenden Fragen voreilige Festlegungen und inhaltliche Führung. 

Als die SPD in der ersten Großen Koalition die teilweise Rücknahme der Hartz-Reformen forderte, gewährte Merkel den Genossen, was diese wollten – vermied sie damit doch, erneut als kaltherzig dazustehen. Als im März 2011 ein Tsunami zur Reaktorkatastrophe von Fukushima führte, verkündete Merkel aus Angst, die CDU könnte die anstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg verlieren, den beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie, obwohl Rot-Grün Jahre zuvor bereits mit der Energiewirtschaft das mittelfristige Abschalten der deutschen Kernkraftwerke vereinbart hatte. Und als die Führung der Bundespolizei im Sommer 2015 nicht ausschließen konnte, dass eine Sicherung der Grenzen zu „unschönen Bildern“ führen und es gar zum Einsatz von Schusswaffen kommen könnte, ließ Merkel die nach Deutschland strömenden Migranten ungehindert ins Land ziehen. 

Das Ausmaß der Führungsschwäche zeigt sich zumal im Vergleich zu Merkels Vorgängern. Gerhard Schröder nahm für die Agenda 2010 historische Mitglieder- und Stimmenverluste für die SPD in Kauf. Helmut Kohl verhandelte in weniger als zwölf Monaten nach dem Fall der Berliner Mauer gegen zahlreiche Widerstände im In- und Ausland die staatliche Einheit zwischen Bundesrepublik und DDR. Und Helmut Schmidt schickte, als im Herbst 1977 die Lufthansa-Maschine „Landshut“ entführt wurde, die GSG 9 nach Mogadischu, um dem Terror ein Ende zu bereiten – 

dabei in Kauf nehmend, dass es auch zivile Opfer geben könnte. Undenkbar, dass Angela Merkel in einer dieser Situationen ähnlich entschlossen gehandelt hätte. 

Das Brüsseler Pendant

Nun also das Versagen in der Corona-Krise und das Verstecken hinter „Brüssel“. Dass auch die EU nicht funktioniert, liegt nicht zuletzt an einer alten Merkel-Vertrauten: Kommissionspräsidentin Ursula v. der Leyen. Auch sie eine Politikerin, die in allen bisherigen Ämtern darauf bedacht war, „eine gute Figur zu machen“ und die Übernahme von Verantwortung zu vermeiden. Die meinte, eine unterfinanzierte und zutiefst verunsicherte Armee mit „familiengerechten Arbeitszeiten“ und Schwangerenuniformen reformieren zu können – und anstatt entlassen zu werden an die EU-Spitze befördert wurde. 

Das einzige Mal, wo Angela Merkel in einer Krise entschlossen handelte, war 1999, als die damalige CDU-Generalsekretärin in der Spendenaffäre um Altkanzler Kohl forderte, die Partei müsse sich von ihrem Übervater emanzipieren. Damals ging es freilich um die eigene Karriere – und sie konnte sicher sein, die Mehrheit der Medien auf ihrer Seite zu haben. 

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