24.04.2024

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05.03.21 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-21 vom 03. März 2021

Für Sie gelesen

Digitale Schlachten

Der Hackerangriff auf die US-Firma SolarWinds, in dessen Folge 2020 mehrere hunderttausend Rechner in den USA und anderswo mit Spionagesoftware infiziert wurden, zeigte wieder einmal schlaglichtartig, welch verbissener Cyber-Krieg zwischen manchen Staaten dieser Welt tobt. Von den dabei geschlagenen Schlachten erfährt die Allgemeinheit so gut wie gar nichts. Umso wichtiger sind deshalb Bücher wie „Der Digitale Weltkrieg, den keiner bemerkt“ aus der Feder des niederländischen Enthüllungsjournalisten Huib Modderkolk.

Dem Autor gelang es, in jahrelanger Recherchearbeit das Vertrauen von Hackern und Geheimdienstlern zu gewinnen und an detaillierte Informationen über Cyber-Angriffe auf die westliche Welt sowie auch deren Abwehr zu gelangen. Die sind zum Teil sensationell und offenbaren das zumeist unterschätzte Ausmaß der Bedrohung. 

So berichtet Modderkolk unter anderem von einer großangelegten Fälschung von Microsoft-Sicherheitszertifikaten, durch die beinahe die gesamte digitale Infrastruktur der Niederlande lahmgelegt worden wäre. Hinter dieser Aktion steckte vermutlich der iranische Geheimdienst, der damit Rache für Cyber-Sabotage an den Atomanlagen der Mullahs nehmen wollte. Später flog auf, dass China, dessen Hacker-Armee inzwischen einige hunderttausend „Kämpfer“ umfasst, jahrelang diverse US-Unternehmen von Coca Cola bis hin zu Rüstungsfirmen ausspioniert hat.

Allerdings duellieren sich wohl auch verbündete Mächte im Cyber-Raum: Laut Modderkolk installierten die NSA der USA und der britische GCHQ Schadsoftware auf den Rechnern des größten belgischen Telekommunikationsanbieters Belgacom, um sensible Daten von dessen illustrer Kundschaft aus aller Welt zu stehlen. Das führte nur deshalb zu keinem größeren Eklat innerhalb der NATO, weil Belgien im Kampf gegen den Terrorismus auf die Hilfe der USA und Großbritanniens angewiesen ist. 

Wie Modderkolk anhand zahlreicher Beispiele darlegen kann, steht der wenig bekannte niederländische Algemene Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (AIVD) im digitalen Weltkrieg oftmals an vorderster Front. Beispielsweise gelang es dem Geheimdienst 2014, die berüchtigte staatlich besoldete russische Hackergruppe APT 29 (Cozy Bear) nach allen Regeln der Kunst zu infiltrieren. Gleichermaßen aktiv ist der Militaire Inlichtingen- en Veiligheidsdienst (MIVD) der Holländer. Dieser schickt unter anderem U-Boote an ausländische Küsten, die dort Datenkabel anzapfen. Aufgrund der extremen Geheimhaltung rund um solche und ähnliche Aktionen beschreibt das Buch aber sicher nur die Spitze eines gigantischen Eisbergs. Trotzdem ist es eine höchst aufschlussreiche Lektüre, welche auch technischen Laien empfohlen werden kann, da Modderkolk erfreulicherweise auf jegliches Computerkauderwelsch verzichtet.

Wolfgang Kaufmann

Huib Modderkolk: „Der Digitale Weltkrieg, den keiner bemerkt“, Ecowin-Verlag, Salzburg 2020, gebunden, 320 Seiten, 22 Euro