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12.03.21 / Impf-Alleingänge / EU-Mitglieder wollen nicht länger warten / Brüssels Impfstrategie ist gescheitert – Nach Ex-Ostblockstaaten scheren Österreich und Dänemark aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-21 vom 12. März 2021

Impf-Alleingänge
EU-Mitglieder wollen nicht länger warten
Brüssels Impfstrategie ist gescheitert – Nach Ex-Ostblockstaaten scheren Österreich und Dänemark aus
Manuela Rosenthal-Kappi

Erst Ungarn, dann Polen, Tschechien, Kroatien und die Slowakei sowie schließlich auch noch Dänemark und Österreich – immer weniger Länder verlassen sich auf die Impfstrategie der Europäischen Union.

Der ungarische Staatschef Viktor Orbán ließ sich vor Kurzem öffentlichkeitswirksam mit dem chinesischen Vakzin von Sinopharm impfen. Da die EU bisher keine ausreichende Versorgung garantiert habe, suche er sich den Impfstoff dort, wo er verfügbar sei, begründete er seinen Schritt. Ungarn hat Impfstoff in Russland und China geordert, obwohl diese für die EU noch nicht zugelassen sind. 

Es sind nicht nur die ehemaligen Ostblockstaaten, die nicht länger auf Entscheidungen aus Brüssel warten wollen. Mit ihrer jüngsten Reise nach Israel scheren auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen aus der EU-Strategie aus, um eine künftige Impfallianz mit Israels Staatschef Benjamin Netanjahu einzugehen. 

Während in Israel schon 43 Prozent der Bevölkerung geimpft sind und sowohl Großbritannien und die USA gegenüber der EU einen Vorsprung haben, wird in Brüssel noch die Zulassung weiterer Vakzine geprüft. Kurz und Frederiksen wollen die Erfahrungen der Israelis für ihre künftige Impfstrategie nutzen. Denn, so gab Kurz zu bedenken, die heute Geimpften müssten auch im nächsten Jahr wieder mit Vakzinen versorgt werden. 

Zu Hause steht der österreichische Regierungschef unter Druck, da das Impfmanagement chaotisch ist und das Impfen nur schleppend vorangeht. Darüber hinaus steht Kurz im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen in seiner politischen Entourage unter Druck. Den Fingerzeig auf die EU legen seine Kritiker als Ablenkungsmanöver aus.

Auch die dänische Staatschefin steht in der Kritik. War Dänemark in den ersten Wochen noch Spitzenreiter beim Impfen innerhalb der EU – 7,4 Prozent der Bevölkerung haben eine erste Impfung erhalten, in Deutschland dagegen erst fünf –, erwartet die dänische Gesellschaft nun weitere Öffnungen.

Den Kritikern der EU-Impfstrategie geht das Genehmigungsverfahren durch die Zulassungsbehörde Europäische Arzneimittelagentur EMA zu langsam, sie wollen nicht nur von der EU-Kommission abhängig sein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen räumte ein, dass die Impfstoffversorgung bis Ende März „schwierig bleiben“ werde. Dabei hatte die EU versprochen, dass bis Sommer 70 Prozent der Bevölkerung in der EU geimpft sein sollte. Nun rudert die EU-Kommission zurück. Es sei jedem Mitgliedsstaat freigestellt, neben den gemeinsamen Impfstoffankäufen auch eigene zu tätigen.

Während die Europäische Union noch ausgiebig über die Zulassung der chinesischen und russischen Impfstoffe diskutiert, verkaufen beide Länder ihre Vakzine längst in alle Welt. China veräußert seinen Impfstoff in 27 Länder, darunter Serbien, Ungarn sowie Weißrussland, und beliefert 53 ärmere Länder kostenlos, allerdings nicht, ohne sich im Gegenzug Zugang zu den Märkten zu sichern. Das russische Vakzin ist vor allem in ehemaligen Ostblockstaaten begehrt. 

(siehe auch Seite 8)