25.04.2024

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19.03.21 / Nebenwirkungen Die Komplikationen in Verbindung mit dem Corona-Vakzin von AstraZeneca sind kein Einzelfall. Zwar verlaufen Impfungen meistens problemlos – aber nicht immer. Besonders gefährlich sind allergische Schocks / Wer zahlt wie viel im Fall der Fälle? / Rund 3000 Menschen erhalten Leistungen nach Paragraph 60 des Infektionsschutzgesetzes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Nebenwirkungen Die Komplikationen in Verbindung mit dem Corona-Vakzin von AstraZeneca sind kein Einzelfall. Zwar verlaufen Impfungen meistens problemlos – aber nicht immer. Besonders gefährlich sind allergische Schocks
Wer zahlt wie viel im Fall der Fälle?
Rund 3000 Menschen erhalten Leistungen nach Paragraph 60 des Infektionsschutzgesetzes
Wolfgang Kaufmann

In den meisten Fällen verlaufen Impfungen problemlos – aber nicht in allen. Dabei sind drei grundsätzliche Folgen der Vakzin-Verabreichung möglich: (1) schnell wieder abklingende beziehungsweise lokale Impfreaktionen; (2) Impfkrankheiten als leichte Form der Infektionskrankheit, gegen die eigentlich immunisiert werden sollte; (3) Impfkomplikationen, also über das übliche Maß hinausgehende  schwerwiegende Impfreaktionen, die für die Betroffenen mit bleibenden Impfschäden einschließlich wirtschaftlicher Einbußen verbunden sein können und im Extremfall sogar zum Tode führen. 

Vor allem im dritten Fall stellt sich die Frage nach der Entschädigung. Nach dem Produkthaftungsgesetz kann der Hersteller hierzu verpflichtet werden, wenn sein Impfstoff fehlerhaft war. Darüber hinaus haften Ärzte und medizinisches Personal, sofern sie das Vakzin nicht korrekt verabreicht haben. Manchmal kommt auch der Staat für Impfschäden auf. So heißt es im Paragraphen 60 des Infektionsschutzgesetzes: „Wer durch eine Schutzimpfung … eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält … auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes.“ Letzteres gilt allerdings nur im Falle von staatlicherseits empfohlenen oder gesetzlich vorgeschriebenen Impfungen. Der dahinterstehende Grundgedanke ist der, dass der Staat von den Impfkandidaten eine Art Sonderopfer verlange, weil Impfungen nicht gänzlich risikofrei seien, um damit gefährliche Krankheiten im Interesse der Allgemeinheit einzudämmen. Deshalb bestehe auch eine Verpflichtung des Staates zur Minimierung des Risikos durch die Impfung und deren mögliche Folgen.

Niedrige Entschädigungssummen

Letztere können durchaus gravierend sein. Sie reichen von Diabetes über Lähmungen und Autoimmun- wie Nervenerkrankungen bis hin zu schweren Hirnschäden. Grundsätzlich sind auch Todesfälle durch Hypersensitivitätsreaktionen, Thrombosen und ähnliches möglich. Betroffene dürfen dabei auf folgende staatliche Entschädigungsleistungen hoffen: (1) kostenlose Heil- und Krankenbehandlungen; (2) Beschädigtenrenten ab einem Grad der Schädigungsfolgen von 30 aufwärts; (3) Berufsschadensausgleich bei Einkommensminderungen; (4) Pflegezulagen. Im Todesfall haben Hinterbliebene Anspruch auf Bestattungs- beziehungsweise Sterbegeld und unter Umständen auch Hinterbliebenenrenten.

Die Beschädigtengrundrente beträgt 156 Euro pro Monat, wenn der Grad der Schädigung (GdS) bei 30 liegt, und steigt dann bis 811 Euro im Falle eines GdS von 100. Dazu kommen verschiedene Zulagen, zum Beispiel für Geschädigte mit einem GdS von 50 oder mehr, die älter als 65 sind, oder für Personen mit einem Schädigungsgrad von 100, die durch die Folgen der Impfung im Alltag außergewöhnlich schwer beeinträchtigt sind. Die ausgezahlten Summen belaufen sich hier im äußersten Falle auf 578 Euro im Monat. Der Berufsschadensausgleich, der Einkommenseinbußen ausgleichen soll, wird hingegen individuell berechnet. Impfgeschädigte ab einem GdS von 30 bekommen 42,5 Prozent des Einkommensverlustes erstattet. Zudem erhalten Schwerbeschädigte manchmal noch eine Ausgleichsrente von 811 Euro, auf die jedoch alle anderen Einkünfte angerechnet werden.

Beweislast beim Betroffenen

Abgesehen davon, dass es sich hier um keine sonderlich hohen Summen handelt, müssen die Impfschäden erst einmal anerkannt werden. Die Beweislast liegt dabei vorrangig bei den Betroffenen. Relativ gute Karten haben jene, bei denen in einem möglichst engen zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung genau die Symptome auftraten, die für die jeweilige Vakzinverabreichung typisch sind, und es keine anderen Erklärungen für die gesundheitlichen Schäden gibt.

Wahrscheinlich sind diese Hürden der Grund dafür, dass viele Anträge auf Entschädigung ohne Erfolg blieben und deutschlandweit derzeit nur rund 3000 Menschen Leistungen nach Paragraph 60 des Infektionsschutzgesetzes beziehen. In manchen Jahren betrug die Anerkennungsquote gerade einmal um die zehn Prozent. Kritiker bezeichnen das Verfahren daher als Lotteriespiel – auch wenn gegen die Entscheidungen der Versorgungsämter bei den Sozialgerichten geklagt werden kann. Neuerdings ist die Situation der Betroffenen aber etwas besser geworden, denn der Europäische Gerichtshof urteilte im Juni 2017, für die Annahme eines Impfschadens reiche es aus, wenn konkrete Indizien dafür vorlägen, dass die Impfung diesen hervorgerufen habe.