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19.03.21 / Wahlkampf / Le Pens Chancen steigen / Dramatische Aufholjagd – Parteichefin des französischen Rassemblement National legt in Umfragen zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Wahlkampf
Le Pens Chancen steigen
Dramatische Aufholjagd – Parteichefin des französischen Rassemblement National legt in Umfragen zu
Peter Entinger

Vor knapp vier Jahren schien die politische Karriere von Marine Le Pen bereits beendet. Zwar schaffte sie es in die Stichwahl um das Amt des Staatspräsidenten, am Ende unterlag die Chefin des Front National (Nationale Front, FN) ihrem Gegner Emmanuel Macron aber mit 34 Prozent deutlich. Während der Debatte waren ihr taktische Fehler unterlaufen. So forderte sie einen Austritt Frankreichs aus der Euro-Zone, was die Sparer in Angst versetzte. 

Die Parteichefin reagierte auf ihre Art, trennte sich von Hardlinern wie ihrem früheren Stellvertreter Florian Philippot, benannte ihre Partei in Rassemblement National (Nationale Sammlung, RN) um und entschärfte ihr Programm. Bürgerlicher, weniger sozialistisch und europäischer gibt sich die 52-Jährige nun. 

Und plötzlich ist sie wieder da. Wären in diesen Wochen Parlamentswahlen würde ihre Partei mit knapp 27 Prozent stärkste Kraft werden. Und in einer Stichwahl um den Präsidentensessel würde sie nur knapp hinter dem Amtsinhaber liegen. Dabei hat Le Pen einen entscheidenden Vorteil. Nennenswerte Konkurrenzkandidaturen sind nicht zu erwarten. Zwar liebäugelt Philippot mit seiner 2017 neu gegründeten Partei Les Patriotes (Die Patrioten, LP) mit einem Antritt. Doch dass er die erforderliche Zahl an Unterstützungsunterschriften wird sammeln können, scheint ungewiss. 

Macron muss vorsichtiger sein. Zwar liegt er vor allen Bewerbern des bürgerlichen und linken Lagers, doch zwei von ihnen könnten ihm gefährlich werden. Der populäre Ex-Minister Xavier Bertrand von der bürgerlichen Rechten erzielt aktuell gute Umfragewerte und will antreten. Auch die wiedergewählte Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo von den Sozialisten meldete Ansprüche an.

Macrons größtes Problem ist aber die Unzufriedenheit der Menschen. Eine Mehrheit bescheinigt ihm ein schwaches Corona-Management, und obwohl die wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Jahren so schlecht nicht war, wächst bei vielen Franzosen die Angst vor der Armut. Hinzu kommt die Angst vor islamischen Anschlägen. 

Frankreich ist tief gespalten. Das liegt auch an dem Wahlsystem, das viele Franzosen als ungerecht empfinden. Nur 42 Prozent der Bürger glauben derzeit, dass die Demokratie eine Lösung für die Probleme sei. Macrons wichtigster Verbündeter François Bayrou, Vorsitzender der Mitte-Partei MoDem, will das Verhältniswahlrecht einführen. Dies hatte Macron bei seinem Amtsantritt vor vier Jahren auch versprochen.

„Millionen von Stimmen haben in den vergangenen Jahren lediglich zu einem Prozent der Sitze geführt, wie sollen die Franzosen einem Parlament trauen, in dem die Mehrheit von ihnen nicht vertreten ist?“, fragt Bayrou. Dabei galt das Mehrheitswahlrecht seit Jahrzehnten als Brandmauer gegen den Front National. 

Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass in Stichwahlen nur jeweils ein Kandidat der „demokratischen Parteien“ gegen den FN angetreten war. Die Folge: Trotz starker Resultate ist die Rechtspartei bislang nur mit einer Handvoll Abgeordneter im Parlament vertreten. Viele Franzosen empfinden dies mittlerweile als nicht mehr gerecht.