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19.03.21 / Simone Signoret / Charakter vor Schönheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Simone Signoret
Charakter vor Schönheit
Helga Schnehagen

„Könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich dasselbe wieder machen. Und zwar genau so. Mit allen Fehlern, Erfolgen. Alles“, sagte Simone Signoret. Man nimmt es ihr ab. Denn im Leben wie im Spiel gab sich Signoret kompromisslos authentisch. Vielleicht gerade deshalb, weil sie nie eine Schauspielschule besucht hat. In ihrer Jugend von hinreißender Schönheit, verweigerte sie sich später jedem Klischee, stemmte sich gegen das Ideal „ewiger“ Beauté, akzeptierte es zu altern, feierte als reife Frau Triumphe und ging als vielseitige Charakter-Darstellerin in die Filmgeschichte ein.

Als Simone Henriette Charlotte Kaminker wurde sie als Tochter eines Vaters mit polnisch-jüdischen Wurzeln vor 100 Jahren, am 25. März 1921, geboren. Um sich als Halbjüdin vor deutschen Besatzern in Frankreich zu schützen, nahm sie den Mädchennamen ihrer Mutter „Signoret“ an. 

Zum Film kam sie zufällig. „Eines Tages überquerte ich die Seine“, so Signoret, „und geriet – Gott sei Dank – ins Café de Flore. Auf den Bänken dieses Cafés hat alles angefangen.“ Ins Café de Flore, legendärer Treffpunkt der Pariser Bohème von Sartre bis Picasso, Simone de Beauvoir bis Hemingway, zog es selbst Karl Lagerfeld. Durch die Freunde vom Flore wurde Signoret mit 20 Jahren Komparsin beim Film, bis Regisseur Yves Allégret – der auch einige Maigret-Romane verfilmen sollte – sie entdeckte. 1948 heirateten sie. Ihre Tochter Cathérine wurde ebenfalls Schauspielerin.

Als Signoret Yves Montand begegnete, zerbrach die Ehe. Beide heirateten 1951 und lebten bis zu Signorets Tod 1985 zusammen. Das Paar verband mehr als der Beruf. Lange gehörte es zu Frankreichs prominentesten Linksintellektuellen. „Im Film wie in der Wirklichkeit stand sie als Kämpferin gegen die Verletzung der Menschenrechte unter allen Regimen stets an der Spitze“, resümierte Frankreichs ehemaliger Kulturminister Jack Lang. 

Signoret drehte rund 50 Filme in 40 Jahren. Gleich ihre erste Hauptrolle 1946 als Prostituierte Gisèle in Marcel Blistènes „Zur roten Laterne“ wurde mit dem Prix Suzanne Bianchetti belohnt. Doch erst 1952 gelang ihr an der Seite von Serge Reggiani als laszive Schönheit in Beckers „Goldhelm“ der Durchbruch zum Leinwandstar. 1957 zeichnete sie die britische Filmakademie als „Beste Schauspielerin“ aus.

Drei Jahre später erhielt sie für die Rolle der unglücklich verheirateten Alice Aisgill im Drama „Der Weg nach oben“ einen Oscar als beste Hauptdarstellerin, 1978 einen César für „Madame Rosa“, eine ehemalige Prostituierte, die verlassene Kinder von anderen Dirnen betreut.