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19.03.21 / Schneller Brüter / Das AKW Kalkar ging nie in Betrieb

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Schneller Brüter
Das AKW Kalkar ging nie in Betrieb
Wolfgang Kaufmann

„Schnelle Brüter“ heißen Kernreaktoren, in denen nicht spaltbares Material in spaltbares umgewandelt wird, das dann als Kernbrennstoff dient. Daran sind auch schnelle Neutronen beteiligt. Atommeiler dieses Typs benötigen kein künstlich angereichertes Uran und erlauben eine 50 Mal effizientere Nutzung des in der Natur vorkommenden Elements als andere Reaktortypen. Da die alte, westdeutsche Bundesrepublik im Gegensatz zur DDR nur über geringe Vorkommen an Uranerz verfügte, strebte die westdeutsche Energiewirtschaft Anfang der 1970er Jahre danach, einen solchen Brutreaktor zur Stromerzeugung zu errichten, um zukünftige Uranimporte unnötig zu machen. Diese innovative kerntechnische Anlage sollte im nordrhein-westfälischen, einstmals preußischen Kalkar am unteren Niederrhein entstehen.

Der Auftrag zum Bau des Schnellen Brüters SNR-300 mit geplanten 327 Megawatt Leistung ging an die Siemens-Tochter Interatom GmbH in Bergisch Gladbach. Die Kosten wurden zunächst mit 1,8 Milliarden D-Mark veranschlagt. 

Das Projekt stieß von Anfang an auf Widerstand, denn Brutreaktoren galten als vergleichsweise unsicher und produzierten das hochgiftige und außerdem kernwaffentaugliche Plutonium. Deshalb gab es bald nach der Grundsteinlegung am 25. April 1973 erste große Protestdemonstrationen.

Infolge des schweren Reaktorunfalls im Kernkraftwerk Three Mile Island im amerikanischen Harrisburg am 28. März 1979 wuchsen die Bedenken schlagartig. Daraus resultierten Verfassungsbeschwerden, diverse Baustopps sowie immer neue behördliche Sicherheitsauflagen, welche die Kosten explodieren ließen. Am Ende beliefen diese sich auf rund sieben Milliarden D-Mark. 

1985 war der Schnelle Brüter schließlich trotzdem fertiggestellt. Jedoch verweigerte das von einer Koalition aus SPD und FDP regierte Nordrhein-Westfalen nun die Erteilung der Betriebsgenehmigung.

Damals geschah das noch gegen den erklärten Willen der bürgerlichen Regierung in Bonn. Im April 1986 ereignete sich indes die Atomkatastrophe von Tschernobyl. Durch sie kippte letztlich auch die Stimmung im Bund. 

Allerdings dauerte es noch bis zum 21. März 1991, ehe der Minister für Forschung und Technologie Heinz Riesenhuber (CDU) das Aus für den SNR-300 in Kalkar verkündete und Deutschland damit eine der größten Investitionsruinen aller Zeiten bescherte.