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19.03.21 / Griechenland / Wie es zur Unabhängigkeit kam / Vor 200 Jahren begann der Aufstand, an dessen Ende mit ausländischer Hilfe die Gründung eines eigenen Nationalstaates stand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Griechenland
Wie es zur Unabhängigkeit kam
Vor 200 Jahren begann der Aufstand, an dessen Ende mit ausländischer Hilfe die Gründung eines eigenen Nationalstaates stand
Bodo Bost

Nach der Eroberung von Byzanz an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit hatte jahrhundertelange Unterdrückung durch die Osmanen die einst stolzen Hellenen zu einem Volk von Analphabeten werden lassen. Die Osmanen hatten diesen Zustand sogar mit griechischer Hilfe, mit Unterstützung des Patriarchen von Konstantinopel und einer Gruppe von privilegierten adeligen sogenannten Phanarioten, welche die christlichen Balkanvölker als Agenten der Osmanen unterjochten, erreicht.

Seit der Französischen Revolution von 1789 hatte dann ein reges Interesse an der Aufklärung und an der Antike Griechenland wieder in den Blickpunkt Europas gerückt. Eine Welle der philhellenischen Sympathie, getragen von den Medien der Zeit wie dem Theater, der Literatur oder der Malerei, schwappte durch Europa. Auf der Suche nach den Wurzeln der europäischen Zivilisation strömten Reisende in Scharen ins Osmanische Reich. 

Unterstützung durch Freiwillige

Die Grundlagen für die Freiheit Griechenlands wurden aber durch die russische Zarin Katharina die Große gelegt, indem sie 1794 am Schwarzen Meer Odessa gründen ließ. Ein Großteil der Einwohner dieser neuen Stadt waren neben Deutschen und Juden auch Griechen. In Odessa gründeten 1814 drei griechische Kaufleute die geheime Philiki Hetairia zur Befreiung der Balkanvölker von der osmanischen Herrschaft. Die Leitung der Vereinigung von Freunden, so die deutsche Übersetzung der Geheimorganisation, übernahm 1820 Alexander Ypsilantis. Der Grieche entstammte einer phanariotischen Familie und hatte im russischen Heer Karriere gemacht. 

Im März 1821 zog er mit einem 450 Mann starken „heiligen Bataillon“ in die rumänischen Donaufürstentümer ein. Jedoch unterstützten die Rumänen, die unter den Phanarioten litten, Ypsilantis nicht. Ypsilantis’ griechisches Freiwilligenheer wurde schließlich von den osmanischen Streitkräften aufgerieben. Ypsilantis selber konnte sich nur durch die Flucht nach Österreich retten. 

Noch vor Ypsilantis’ Niederlage hatte Sultan Mahmud II. vom orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel als dem Oberhaupt aller orthodoxen Christen den Bannfluch über Ypsilantis und die griechischen Bischöfe, die den Aufstand unterstützten, verlangt. Obwohl der Patriarch Gregorius den Bannfluch aussprach, wurde er auf Geheiß des Sultans am Ostersonntag 1821 verhaftet und mit fünf griechischen Geistlichen am Portal der Phanarkathedrale in Konstantinopel gedemütigt und aufgehängt. 

Dies fachte den Aufstandswillen der Griechen, die damals ein Viertel der osmanischen Bürger stellten, noch mehr an. Im Januar 1822 proklamierten die Griechen ihre Unabhängigkeit. Zwar gelang es dem Sultan noch im selben Jahr, den Aufstand bis auf die Stadt Messolongion und die ionischen Inseln niederzuschlagen, doch erhielten die Griechen nun zunehmend Hilfe von philhellenischen Freiwilligen aus vielen Ländern Europas, darunter der 6. Lord Byron, George Gordon Byron.

Unterstützung durch Großmächte

Als der Sultan 1826 seine Elitetruppen unter Muhammed Ali, dem Vizekönig von Ägypten, auf den Peloponnes schickte, kam es zu Massakern an Christen und Verwüstungen. Athen und Messolongion fielen wieder in die Hände der Osmanen. Nur Nauphlio konnte sich halten. Der Krieg wurde zum Guerillakrieg mit immer mehr Freiwilligen aus Europa. 

Schließlich schritt auch die internationale Gemeinschaft in Form dreier Großmächte ein. 1827 brachten Frankreich, Russland und Großbritannien den Osmanen in der Schlacht von Navarino (Pylos), der letzten großen Seeschlacht ausschließlich mit Segelschiffen, eine entscheidende Niederlage bei. Im selben Jahr wählte eine griechische Nationalversammlung mit Ioannis Kapodistrias einen Präsidenten, ganz in der Tradition der griechischen Stadtrepubliken. Dieser wurde indes bereits 1831 ermordet. 

Zudem war für die internationale Gemeinschaft Griechenland nur als Monarchie denkbar. Da sich die Herrscherhäuser der Großmächte auch aus Gründen der Gleichgewichtspolitik gegenseitig missgönnten, Griechenlands zukünftigen Monarchen zu stellen, dieser aus Gründen der Legitimität aber aus dem Hochadel stammen sollte, bot sich ein Prinz aus den vielen deutschen Klein- und Mittelstaaten an. Ein Favorit war der Prinz Leopold Georg Christian Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Der zog jedoch den belgischen Thron vor. Stattdessen fiel die Wahl dann auf den Prinzen Otto von Bayern und damit auf einen Sohn des bayerischen Königs Ludwig I., einem der bedeutendsten Philhellenen. Da Bayern zwar keine Großmacht war, aber immerhin eine Mittelmacht, erfolgte die Wahl nur unter der Auflage, dass es zu keiner Vereinigung Griechenlands mit Bayern komme. All dies regelte die internationale Gemeinschaft, sprich die in der Schlacht von Navarino siegreichen drei europäischen Großmächte, 1832 auf einer der diversen Londoner Konferenzen.

Abgesehen von der bis heute währenden griechischen Unabhängigkeit erinnert an den auch als „Griechische Revolution“ oder „Griechischer Aufstand“ bezeichneten Griechischen Unabhängigkeitskrieg auch der Nationalfeiertag Griechenlands. Es ist der 25. März, in Erinnerung an diesen Tag des Jahres 1821. An jenem Tag segnete der Metropolit Germanos von Patras im nahe Kalavrita gelegenen Kloster Agía Lávra die Fahne der Widerstandskämpfer. In der griechischen Geschichtsschreibung gilt diese Tat als Beginn des Aufstandes, des Unabhängigkeitskrieges, der Revolution, des Freiheitskampfes, mit dem die Griechen den anderen Balkanvölkern den Weg gezeigt und damit das Ende des Osmanenreiches eingeleitet haben.





Kurzporträts

Alexander Ypsilantis verlebte nach seiner Flucht nach Österreich den Rest seines Lebens dort. 1906 wurden seine Gebeine nach Griechenland überführt.

Der britische Dichter Lord Byron war ein wesentlicher Vertreter der englischen Romantik. Der Philhellene starb 1824 im griechischen Messolongi

Die Regentschaft des ersten griechischen Königs Otto wurde 1862 durch einen Putsch beendet. Er kehrte nach Bayern zurück, wo er 1867 starb