24.04.2024

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Folge 12-21 vom 26. März 2021 / 125 Jahre Olympische Spiele / Ein Jubilar mit Vergangenheit – aber auch mit Zukunft? / Am 6. April 1896 eröffnete der griechische König Georg I. die ersten Olympischen Sommerspiele der Neuzeit in Athen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12/21 vom 26. März 2021

125 Jahre Olympische Spiele
Ein Jubilar mit Vergangenheit – aber auch mit Zukunft?
Am 6. April 1896 eröffnete der griechische König Georg I. die ersten Olympischen Sommerspiele der Neuzeit in Athen
Wolfgang Kaufmann

Die Ursprünge der Olympischen Spiele liegen im Dunkel der Geschichte vor Einführung der griechischen Alphabetschrift, und die erste Siegerliste, welche die Zeitläufte überdauert hat, stammt aus dem Jahre 776 v. Chr. Nach dem Ende der Antike schien die olympische Idee zunächst tot zu sein, lebte schließlich aber im Zuge des Aufstands der Griechen gegen die osmanischen Besatzer ab 1821 wieder auf. Den letzten Anstoß zu den Olympischen Spielen der Neuzeit gab der französische Sportenthusiast Pierre de Frédy, Baron de Coubertin. Auf dessen Initiative hin fanden ab dem 6. April 1896 erstmals seit über fünfzig Generationen Olympische Spiele statt. Austragungsort war Athen.

Bereits damals ging es nicht nur um eine romantische Neuauflage antiken Brauchtums und die Durchführung friedlicher Wettkämpfe mit Teilnehmern aus den verschiedensten Nationen. So hielt de Coubertin es seinerzeit für dringend notwendig, die französische Nation für den Sport zu begeistern, weil er der Ansicht war, dass seine Landsleute den Krieg gegen Deutschland 1870/71 vor allem aufgrund mangelnder körperlicher Ertüchtigung verloren hätten.

Noch so manches andere olympische Ideal blieb während der Neuzeit auf der Strecke, beispielsweise das der Chancengleichheit oder das der gesundheitlichen Stärkung durch Sport. Unzählige Athleten griffen und greifen auf verbotene leistungssteigernde Substanzen mit oft gefährlichen gesundheitlichen Nebenwirkungen zurück, ohne dass das 1894 gegründete Internationale Olympische Komitee (IOC) diesen Betrug jemals wirksam unterbunden hätte. 

Und das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Verantwortlich hierfür sind undurchsichtige Zuständigkeiten, divergierende Rechtsauffassungen, immer raffiniertere Methoden zur Tarnung des Dopingeinsatzes sowie die blinde Orientierung am Prinzip „Schneller, höher, weiter!“

Antike Ideale

Ein anderes großes Problem ist die mangelnde Chancengleichheit zwischen Profi- und Amateursportlern. Erstere blieben zunächst von den Wettkämpfen ausgeschlossen. Allerdings gilt diese Regel mittlerweile nicht mehr. Grund für ihre Außerkraftsetzung waren die zunehmend häufiger bei Olympia auftretenden Scheinamateure, die von ihren Regierungen alimentiert wurden. Mittlerweile entscheidet vor allem das Engagement privater oder staatlicher Geldgeber, wer am Ende auf dem Siegertreppchen steht. Und auch hier ist kein Ende der Entwicklung in Sicht.

Außerdem litt die olympische Idee unter der Politisierung der Spiele. Diktaturen nutzten Olympische Spiele im eigenen Lande zu Propagandazwecken, sportliche Höchstleistungen sollten die Überlegenheit des eigenen Systems demonstrieren und Terroristen verübten Anschläge. Dazu kamen ständig neue Boykotte von Spielen oder Startverbote für Sportler aus angeblichen „Schurkenstaaten“. Das alles wird wohl auch künftig für Zwietracht sorgen.

Und dann wäre da noch das IOC, das zwar nicht für die Kosten der Spiele aufkommt, aber immer stärker finanziell von diesen profitiert. Beispielsweise durch die Vermarktung der olympischen Symbole oder die Beteiligung an den Einnahmen durch Sponsoring und Übertragungsrechte. Manche der Mitglieder des IOC  erwiesen sich als bestechlich. Im Rahmen der Vergabe der Olympischen Spiele kassierten sie Geld für ihr Votum zugunsten bestimmter Städte. 

Dass es in Zukunft um die Ehrlichkeit der mehr als einhundert Mitglieder des IOC wesentlich besser bestellt sein wird, ist nicht zu erwarten. Immerhin kommen viele aus Staaten, die nicht gerade an der Spitze des Antikorruptionsindexes stehen.

Die Olympischen Spiele müssen sich zwingend verändern, sollen sie nicht über kurz oder lang als Auslaufmodell enden. Dieses gilt nicht zuletzt in Zeiten von Corona und der ihr möglicherweise noch folgenden globalen Seuchen. 

Neuzeitliche Wirklichkeit

Letztere erfordern zunehmend aufwändigere Vorsichtsmaßnahmen. So stiegen die Ausgaben für die bevorstehenden Olympischen Spiele in Tokio allein schon wegen der Corona-bedingten Hygienekonzepte um über zwei Milliarden Euro. So verwundert es nicht, dass acht von zehn Japanern sich gegen die Spiele in ihrer Hauptstadt aussprechen.

Die Kostenfrage wird ganz maßgeblich über die Zukunft der Olympischen Spiele entscheiden. Laut der Agenda 2020 des IOC, das seit 2013 von dem deutschen Fecht-Olympiasieger Thomas Bach geleitet wird, sind vor allem in den Bereichen Bau- und Personalkosten sowie Transport und Technologie Einsparungen nötig, um das Ganze nicht alsbald unerschwinglich zu machen. 

Der Moment scheint nicht fern, ab dem sich nur noch einige wenige reiche Industrienationen die Ausrichtung Olympischer Spiele leisten können. Dass die es sich immer seltener leisten wollen, ist ein weiteres Problem, sofern sie denn ein demokratisches System haben, in dem Volkes Wille entscheidend ist und nicht die Prestigesucht der politischen Führung. 

Gerne werden seitens von Politik und Sportfunktionären hohe Staatsausgaben für die Ausrichtung Olympischer Spiele mit der angeblichen Förderung der Infrastruktur der gastgebenden Städte gerechtfertigt. Zahlreiche für Olympische Spiele errichtete große Sportstätten, für die sich nach den Spielen keine sinnvolle Verwendung fand und die dann verfielen oder zurückgebaut wurden, sprechen eine andere Sprache. 

Als Beispiele, wie ruinös Olympische Spiele zu sein vermögen, seien die Sommerspiele von Montreal und Athen genannt. Die kanadische Millionenstadt saß nach dem Ende der Spiele von 1976 auf einem gigantischen Schuldenberg von 1,6 Milliarden kanadischen Dollar und benötigte drei Jahrzehnte, um diesen abzutragen. Und die Spiele in Athen 2004 waren nach Ansicht vieler Wirtschaftswissenschaftler maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass Griechenland sich über alle Maßen verschuldete und dadurch 2010 in eine Wirtschafts- und Finanzkrise stürzte.

Eine mögliche Lösung angesichts der wachsenden Lustlosigkeit der Steuerzahler weltweit, für die Kosten Olympischer Spiele aufzukommen, wäre, die Spiele der Zukunft dezentraler und bescheidener ausfallen zu lassen. So könnten die Olympioniken an verschiedenen Plätzen der Welt parallel an den Start gehen.

Eine Schonung des Steuerzahlers könnte auch in einer umfassenden Privatisierung und Kommerzialisierung der Spiele bestehen in Richtung der Spiele 1996 in Atlanta, dem Sitz der Coca-Cola-Zentrale. Ob von zahlungskräftigen Unternehmen wie Coca-Cola veranstaltete Wettkämpfe dem olympischen Ethos entsprechen, ist eine andere Frage.