23.04.2024

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Folge 12-21 vom 26. März 2021 / Sport / Sterben für das runde Leder / Emirat am Pranger: Tausende Gastarbeiter sind auf Katars Baustellen für die Fußball-WM 2022 schon zu Tode gekommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12/21 vom 26. März 2021

Sport
Sterben für das runde Leder
Emirat am Pranger: Tausende Gastarbeiter sind auf Katars Baustellen für die Fußball-WM 2022 schon zu Tode gekommen
Bodo Bost

Mehr als 6500 Gastarbeiter aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka sind in Katar gestorben, seit das Land vor zehn Jahren den Zuschlag für die Ausrichtung der Fußballweltmeisterschaft erhalten hat. Dies hat der britische „Guardian“ enthüllt. Die Ergebnisse, die aus Regierungs- und Botschaftsquellen zusammengestellt wurden, bedeuten, dass durchschnittlich zwölf Wanderarbeiter aus diesen fünf Staaten jede Woche gestorben sind, seit Katar im Dezember 2010, laut Vorwürfen durch Bestechung, von der FIFA unter Präsident Joseph Blatter den Zuschlag für die WM bekam. 

Da der Zeitung nur Daten aus den genannten fünf Ländern vorliegen, dürfte die Gesamtzahl der Todesfälle noch wesentlich höher liegen, da die Zahlen aus einer Reihe weiterer Herkunftsstaaten nicht darin enthalten sind, darunter die Philippinen und Kenia. In den vergangenen zehn Jahren hat Katar ein beispielloses Bauprogramm für die Vorbereitung auf das Fußballturnier im Jahr 2022 in Angriff genommen. Neben sieben neuen Stadien wurden Dutzende von Infrastruktur-Großprojekten fertiggestellt oder sind in Arbeit, darunter ein neuer Flughafen, Straßen, öffentliche Verkehrssysteme, Hotels und eine ganz neue Stadt, die das WM-Finale ausrichten wird.  

Obwohl die Sterberegister nicht nach Beruf oder Arbeitsort kategorisiert sind, ist es wahrscheinlich, dass viele der verstorbenen Arbeiter bei diesen WM-Infrastrukturprojekten beschäftigt waren. Ein sehr großer Teil der toten Wanderarbeiter war nur im Land, weil Katar den Zuschlag für die WM erhalten hat. Diese Ergebnisse entlarven Katars Versäumnis, seine zwei Millionen Wanderarbeiter genügend zu schützen oder auch nur die Ursachen für die erschreckend hohe Todesrate unter den überwiegend jungen Arbeitern zu untersuchen. 

Familien verlieren ihren Ernährer

Hinter den Statistiken verbergen sich zahllose Geschichten von zerstörten Familien, die ohne ihren Haupternährer zurückgelassen wurden, um eine Entschädigung kämpfen und über die Umstände des Todes ihrer Angehörigen im Unklaren sind. Unter den Todesursachen ist die mit Abstand häufigste der sogenannte „natürliche Tod“, der oft auf akutes Herz- oder Atemversagen infolge extremer Hitze und Erschöpfung zurückgeführt wird. 

Der „Guardian“ hatte bereits früher berichtet, dass solche Klassifizierungen, die in der Regel ohne Autopsie vorgenommen würden, oft keine legitime medizinische Erklärung für die zugrundeliegende Ursache dieser Todesfälle lieferten. Die Ergebnisse des Blattes werden durch eine von der Internationalen Arbeitsorganisation der UN in Auftrag gegebene Untersuchung gestützt, die ergeben hat, dass die Arbeiter während mindestens vier Monaten des Jahres bei der Arbeit im Freien erheblichem Hitzestress ausgesetzt sind. 

Die katarische Regierung ging weder auf die Forderung nach Autopsien noch auf die nach Aufklärung der ungeklärten Todesursachen der 6500 ausländischen Verstorbenen ein. 

Katar wurde von Internationalen Menschenrechtsorganisationen aufgefordert, sein Autopsiegesetz zu ändern, um forensische Untersuchungen aller plötzlichen oder ungeklärten Todesfälle durchzuführen, und ein Gesetz zu verabschieden, das vorschreibt, dass alle Totenscheine einen Hinweis auf eine medizinisch nachvollziehbare Todesursache enthalten. Katar bestreitet die Zahl der Todesfälle nicht, behauptet aber, dass sie angesichts der Zahl der Arbeiter nicht unverhältnismäßig hoch liege. Katar beteuert sogar, dass die Sterberate unter Gastarbeitern in den vergangenen zehn Jahren aufgrund von Reformen im Bereich Gesundheit und Sicherheit stetig gesunken sei.