20.04.2024

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Folge 13-21 vom 01. April 2021 / Kommentare / Kein „Beiwerk“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-21 vom 01. April 2021

Kommentare
Kein „Beiwerk“
Erik Lommatzsch

Die als Bitte verklausulierte Aufforderung, „religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen“, war Bestandteil der Dienstag letzter Woche von Kanzlerin und Ministerpräsidenten verkündeten „Osterruhe“. Bereits einen Tag später wurde das Ganze zurückgenommen, zu groß waren die Unstimmigkeiten und der Unmut über das sinnfreie Vorhaben. Zur Frage des Unterlassens von Präsenzgottesdiensten hatte es von Vertretern der beiden großen christlichen Konfessionen umgehend Widerspruch gegeben. 

Während etwa die rheinland-pfälzische Regierungschefin Marie-Luise Dreyer nachsetzte und sich mit den Worten zitieren ließ, es gebe „eine klare Erwartung an die Kirchen“, schrieb der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing: „Ostern ist das wichtigste Fest für uns.“ Gottesdienste seien „kein Beiwerk“. Man habe zu Weihnachten gezeigt, dass man die Messe mit Vorsicht feiern könne, zu Ostern wolle man darauf nicht verzichten. 

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Heinrich Bedford-Strohm äußerte sich ähnlich, er wollte sich von der Kanzlerin erläutern lassen, warum die bewährten Schutzmaßnahmen „nun nicht mehr ausreichen sollen“. Weitere kirchliche Amtsträger machten deutlich, dass sie an Präsenzgottesdiensten festhalten würden.

Es ist ein sehr spätes, dringend notwendiges Erwachen. Letztes Jahr wurde das entsprechende Verbot über Ostern nicht nur weitgehend klaglos hingenommen, es gab sogar beifällige Auslegungen. So sagte der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki damals, durch den Verzicht auf die reale Teilnahme könne die Sehnsucht nach Messfeiern genährt werden. 

Von derartigen Peinlichkeiten ist man 2021 kirchlicherseits abgekommen und scheint großflächig wiederentdeckt zu haben, dass ein Gottesdienst für viele Menschen mehr ist als verzichtbares „Beiwerk“. Dass sich diese Dimension den meisten Politikern nicht einmal in intellektueller Hinsicht erschließt, ist ein geistiges Armutszeugnis.