28.03.2024

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Folge 13-21 vom 01. April 2021 / OstpreußischeR Erfinder / Julius Wilhelm von Pittler / Rund 200 Patente zeugen vom Erfindergeist des Kirschittener. Der Trommelrevolverkopf ist heute noch im Einsatz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-21 vom 01. April 2021

OstpreußischeR Erfinder
Julius Wilhelm von Pittler
Rund 200 Patente zeugen vom Erfindergeist des Kirschittener. Der Trommelrevolverkopf ist heute noch im Einsatz
Wolfgang Kaufmann

Manchmal sind Autodidakten, die weder eine entsprechende Berufsausbildung noch ein Studium vorweisen können, deutlich kreativer als Personen mit einschlägigem Universitätsabschluss. Als typisches Beispiel hierfür kann Julius Wilhelm von Pittler dienen. 

Der am 21. Juni 1854 in Kirschitten, im Kreis Preußisch Eylau gelegen, geborene Sohn des Oberjägers des Barons von Tettau zeigte schon früh bemerkenswertes technisches Talent, musste aber eine Gärtnerlehre in Elbing absolvieren und verdiente sein Geld ab 1876 als Zeichner in einer Leipziger Fahnenfabrik. Dort begegnete von Pittler zum ersten Mal den Näh- und Stickmaschinen, die ihn derart faszinierten, dass er sich 1878 mit zwei von ihm verbesserten Textilmaschinen selbstständig machte. Dies war der Start seiner Unternehmer- und Erfinderkarriere, in deren Verlauf er fünf weitere Firmen gründete: Die Dampfmotorenfabrik W. von Pittler, Elze & Co. (1880), die 

Maschinenfabrik Invention (1889), die Deutsche Press-Cigarren- & Zigaretten-Fabrik Pittler & Co. (1899), eine Pumpenfabrik in Berlin-Reinickendorf (1902) und die Hydromobil GmbH (1904).

Vom technischen Genie von Pittlers zeugen die rund 200 Patente, welche der gebürtige Ostpreuße, der schließlich am 22. September 1910 in London verstarb, im Laufe seines Lebens anmeldete. So entwickelte er unter anderem einen Omnibus-Dampfantrieb mit Einspritzkessel (1880), eine Doppelstich-Näh-Strick- und Stopfmaschine (1887), ein innovatives stufenloses Getriebe, das Wellen und Zahnräder überflüssig machte (1892), den schwingenden Doppelsupport zur Herstellung von Fahrradnaben (1893), ein Stahlkugelwalzwerk (1896), eine spezielle Presse, die bei der Produktion von hülsenlosen Zigarren und Zigaretten zum Einsatz kam (1897), ein Planetenrad-

Differential (1899) sowie Automobile mit Reibradantrieb (1904) und hydraulischer Kraftübertragung (1905). Da von Pittler einen Omnibus für 20 Personen sowie das „Hydromobil“ mit Flüssigkeitsgetriebe konstruierte und auf die Straße brachte, zählte er somit auch zu den Pionieren auf dem Gebiet des deutschen Kraftfahrzeugbaus. 

Der größte Wurf gelang ihm allerdings mit der Erfindung des Trommelrevol­verkopfes für Werkzeugmaschinen im Jahre 1892, durch den der zeitraubende Wechsel von Drehmeißeln, Bohrern und Gewindeschneidern bei der Fertigung von komplizierteren Teilen entfiel. Durch diese Erfindung war eine enorme Produktivitätssteigerung möglich, weshalb Julius Wilhelm von Pittlers Deutsches Reichspatent DRP 74 951 auf riesiges Interesse stieß und ihm selbst zu beacht­lichem Reichtum verhalf.