25.04.2024

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Folge 13-21 vom 01. April 2021 / Volkskunst / Die Freester Fischerteppiche / Feinste Knüpfarbeit – in Museen und Kirchen anzuschauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-21 vom 01. April 2021

Volkskunst
Die Freester Fischerteppiche
Feinste Knüpfarbeit – in Museen und Kirchen anzuschauen
Brigitte Klesczewski

Für den Beruf des Fischers gab es bis 1945 keine Lehre mit abschließender Gesellenprüfung oder gar bei weiterer Ausbildung den Meisterbrief. In diesen Beruf wurde damals der Nachwuchs hineingeboren. Er lernte schon früh Netze zu flicken bzw. zu knüpfen, wusste das Boot zu lenken, zu segeln und kannte sich mit dem Wetter an der pommerschen Ostseeküste aus. Er war kein Angler oder lediglich ein Mitfahrer auf dem Fischerboot. 

Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts entstand während der Weltwirtschaftskrise als Zubrot zum kärglichen Lohn des Fischers besonders in den Orten um Wolgast, Greifswald, Anklam und Usedom ein Verdienst vom Teppichknüpfen. Das Landratsamt in Greifswald hatte für den Landkreis Wolgast eine Annonce in eine Tageszeitung gesetzt, in der ein erfahrener Fachmann für das Teppichknüpfen gesucht wurde. Aus Wien meldete sich der Teppichfachmann, Tapisserist und Kunsthandwerker Rudolf Stundl (1897–1990). Er bot sich als Lehrer und künstlerischer Leiter an.

Perser der Ostsee

Im Jahr 1928 wurden 28 Knüpfstühle in Freest aufgestellt. Für den Absatz der Teppiche gründeten die Fischer eine Genossenschaft. In Heringsdorf entstand eine Knüpfschule für Fischertöchter. Durch die kundige Hand und Lehre von Rudolf Stundl wurden die Freester Teppiche berühmt. Sie wurden Perser der Ostsee genannt. Jeder Teppich war ein Unikat. Immer wiederkehrende Motive sind Fische, Wellen, Anker, Möwen und Stranddisteln.

1953 wurde die Produktgenossenschaft „Volkskunst“ an der Ostsee gegründet. Etwa 100 Frauen verarbeiteten Schafwolle aus China und der Mongolei zu Teppichen. Eine Weiterführung unter privater Regie misslang leider nach 1989. Handgeknüpfte Teppiche sind in Deutschland teurer als die aus der Türkei und Tunesien.

Der Erfinder der vorpommerschen Fischerteppiche blieb in Vorpommern. 1985 kam es zur „Rudolf-Stundl-Stiftung“. Den künstlerischen Nachlass übernahm die Universität Greifswald. Aus den Mitteln der Stiftung vergibt die Greifswalder Universität einen Preis für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet textilen Gestaltens, vor allem im ornamentalen Schaffen. Seit dem Jahr 2013 wird er für hervorragende wissenschaftliche oder praktische Arbeit im Zusammenhang mit textilen Materialien verliehen. 

Schauvorführungen

Rudolf Stundl starb 1990 in Greifswald. Er wurde auf dem Alten Friedhof beerdigt. Auf diesem historischen Friedhof finden nur Persönlichkeiten des politischen, wirtschaftlichen, und kulturellen Lebens der Stadt Greifswald ihre Ruhestätte. Rudolf Stundls Grabstein zeigt seine Ornamente der Teppiche aus dem Ostseeraum.

Nur in Schauvorführungen lebt diese einmalige Art der Teppichknüpferei in der Freester Heimatstube und im Kulturhof Mölschow auf Usedom weiter. Ein sehenswertes Zeugnis dieser Kunst ist auch der handgeknüpfte Altarteppich mit 143.500 Knoten in der Lubminer Petri-Kirche. Dargestellt wurde der Fischzug des Petrus.

Das Fischerdorf Freest gehört zur Gemeinde Kröslin am Peenestrom.

Internet: www.kroeslin.de