In Lateinamerika leben 630 Millionen Menschen, also acht Prozent der Weltbevölkerung. Als arm gelten 209 Millionen Bewohner des Subkontinents. Das sind 22 Millionen mehr als Anfang 2020. Unter den Armen befinden sich wiederum 78 Millionen extrem Arme, welche entweder kein Obdach besitzen oder zumindest nicht allein für ihren Lebensunterhalt sorgen können, wobei staatliche Unterstützungsleistungen aber die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Zu dieser Gruppe kamen im Laufe des vorigen Jahres acht Millionen Menschen hinzu.
Die Hauptursache für die rapide Zunahme von Elend, Hunger und Obdachlosigkeit zwischen Mexiko und Feuerland ist die Corona-Pandemie einschließlich der deswegen verfügten Maßnahmen von Seiten der jeweiligen Regierungen. Insofern hat Alicia Bárcena Ibarra, welche die UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (UNECLAC) leitet, durchaus Recht, wenn sie konstatiert: „Wie immer sind die Armen die großen Verlierer.“
So standen viele derselben in keinem regulären Arbeitsverhältnis. Diese Menschen erhielten dann während der von oben oktroyierten Lockdowns deshalb auch kaum Ausgleichszahlungen, sodass sie neben allem anderen auch noch an Hunger leiden mussten oder weiterhin leiden, was genauso töten kann wie ein Virus.
Einbruch um acht Prozent
Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Wirtschaftsleistung in der Region 2020 im Durchschnitt um 8,1 Prozent eingebrochen. Wobei es Venezuela mit rund 25 Prozent am schwersten traf, was indes auch am politischen Ausnahmezustand in dem Land lag. Danach folgen Peru mit 13,9 Prozent, Argentinien mit 11,8 Prozent und Ecuador mit elf Prozent. Einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes gab es lediglich in Guyana, das im vorigen Jahr erstmals Erdöl exportierte.
Ansonsten gingen die Ausfuhren um durchschnittlich zehn Prozent zurück, wobei Paraguay, Uruguay, Peru und Argentinien noch über dieser Marke lagen. Des Weiteren kam es zu deutlich weniger ausländischen Investitionen in Lateinamerika: Statt 160 Milliarden US-Dollar jährlich flossen lediglich noch 80 Milliarden. Die größten Verlierer hierbei waren wiederum Argentinien und Peru sowie auch Chile und Kolumbien.
Durch die Lähmung der Wirtschaft infolge der Corona-Pandemie beziehungsweise -Maßnahmen ging 2020 nahezu jedes fünfte Unternehmen in Lateinamerika bankrott, darunter vor allem Kleinhändler, Restaurants, Hotels und andere Dienstleister, die vom individuellen Konsum oder dem Tourismus gelebt hatten. Ob und wie sich der Kontinent von diesem Aderlass wieder erholen kann, steht in den Sternen.W.K.