24.04.2024

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Folge 14-21 vom 09. April 2021 / Grundgesetzänderungen / Koalitionsstreit um den Begriff „Rasse“ / Die SPD-Bundesministerinnen Giffey und Lambrecht werfen der CDU/CSU Blockadehaltung vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-21 vom 09. April 2021

Grundgesetzänderungen
Koalitionsstreit um den Begriff „Rasse“
Die SPD-Bundesministerinnen Giffey und Lambrecht werfen der CDU/CSU Blockadehaltung vor
Hermann Müller

In der Schlussetappe der Großen Koalition haben Unionsparteien und SPD noch immer zwei Projekte abzuarbeiten, bei denen es um Änderungen am Text des deutschen Grundgesetzes geht. Bei der expliziten Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung besteht Einigkeit. Bereits im Januar einigte sich das Bundeskabinett über eine Gesetzesänderung, die klar zum Ausdruck bringen soll, dass Kinder Träger von Grundrechten sind. 

Wehrhafte-Demokratie-Gesetz

Im Fall der Streichung des Begriffs „Rasse“ aus Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes („Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“) gab es hingegen zuletzt Spannungen in der Koalition. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Bundesjustizministerin Christine Lambrecht haben der Union vorgeworfen, beim sogenannten Wehrhafte-Demokratie-Gesetz und bei der Streichung des Begriffs „Rasse“ aus dem Grundgesetz eine Blockade zu betreiben. 

Noch Anfang März schien sich die schwarz-rote Koalition einig, dass der Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz gestrichen wird und stattdessen die Formulierung „Diskriminierung aus rassistischen Gründen“ verwendet wird. Die Vizevorsitzenden der Unionsfraktion Thorsten Frei und Nadine Schön haben in einem Brief an die sozialdemokratische Bundesfamilienministerin grundsätzliche Zweifel am geplanten „Wehrhafte-Demokratie-Gesetz“ angemeldet. Die beiden Christdemokraten fragen, ob zusätzlich zum Bundesprogramm „Demokratie leben!“ noch ein weiteres Fördergesetz nötig ist. Zudem vermissen die beiden „ein gesondertes und in schriftlicher Form erfolgendes Bekenntnis der Zuwendungsempfänger zu den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Es geht immerhin um mehr als eine Milliarde Euro. Dieser Betrag soll für den Kampf gegen „Rechtsextremismus und Rassismus“ in den Jahren 2021 bis 2024 bereitgestellt werden.

Beim Änderungsvorschlag der sozialdemokratischen Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz zum Artikel 3 des Grundgesetzes macht Frei Bedenken hinsichtlich einer „Zweiklassengesellschaft von Diskriminierungen“ geltend. Bei einem grundgesetzlichen Verbot nur rassistischer Benachteiligungen könnten künftig nur noch solche Diskriminierungen verboten sein, nicht aber andere, so die Bedenken Freis.

Widerstand von Frei und Schön

Sollte sich die Koalition in der Formulierungsfrage noch einigen, braucht die Änderung am Grundgesetztext noch im Bundestag und im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. 

Die Streichung des Rassebegriffs könnte nur der Auftakt zu weiteren Textänderungen am Grundgesetz in der nächsten Legislaturperiode sein. Farhad Dilmaghani vom Verein „DeutschPlus“ wirbt schon seit einigen Jahren immer wieder für die Aufnahme neuer Verfassungsziele in das Grundgesetz. Die Verankerung des „Antirassismus“ im Grundgesetz fordert er ebenso wie die von „Vielfalt und gleichberechtigter Teilhabe“. Bereits im Oktober 2015 hatte Dilmaghani einen Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ verfasst, der den Titel „Für ein anderes Grundgesetz!“ trug. 

Darin schlug der frühere Grundsatzreferent unter Bundeskanzler Gerhard Schröder die Aufnahme eines kompletten neuen Artikels in das Grundgesetz vor: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein vielfältiges Einwanderungsland. Sie fördert daher die gleichberechtigte Teilhabe und Integration“, so der Vorschlag.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass solche Vorschläge zu Grundgesetzänderungen nach den Bundestagswahlen Gegenstand von Koalitionsverhandlungen sein werden. Prominente Grünen-Politiker haben im Februar ein Positionspapier vorgelegt, in dem ebenfalls Änderungen an der Verfassung gefordert werden. Nach den Vorstellungen der Bundestags-, Landtags- und Europaabgeordneten der Grünen soll der Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes um den Satz ergänzt werden: „Der Staat gewährleistet Schutz gegen jedwede gruppenbezogene Verletzung der gleichen Würde aller Menschen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ 

Zudem wollen die Grünen-Politiker auch ein Bundesministerium für „Gesellschaftlichen Zusammenhalt“ etablieren. Dieses soll laut dem Positionspapier der Grünen Themen wie „Antidiskriminierung, Gleichberechtigung und gesellschaftlicher Zusammenhalt“ bearbeiten. Zu einem „zentralen Akteur“ aufwerten wollen die Verfasser auch die bereits bestehende Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Zu den Unterzeichnern des Papiers gehören die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth und die Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages Aminata Touré.