24.04.2024

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Folge 14-21 vom 09. April 2021 / Altertums-Forschung / US-Wissenschaftler bekämpfen ihr eigenes Fach / Mit ideologischen und pseudomoralischen Argumenten wird die Welt der klassischen Antike kriminalisiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-21 vom 09. April 2021

Altertums-Forschung
US-Wissenschaftler bekämpfen ihr eigenes Fach
Mit ideologischen und pseudomoralischen Argumenten wird die Welt der klassischen Antike kriminalisiert
Erik Lommatzsch

Bereits im Januar 2019 hatte es bei der Tagung der „American Society for Classical Studies“, also unter Wissenschaftlern, die sich der griechisch-römischen Altertumskunde widmen, politisch-agitatorisch motiviertes Aufsehen gegeben. Dan-el Padilla Peralta, der im amerikanischen Princeton als Professor für Antike lehrt, bezichtigte sein eigenes Fach einer rassistischen Identifikation mit der weißen Kultur. 

Padilla Peralta wurde in Santo Domingo geboren, er kam als Vierjähriger in die USA. Über seinen Weg, der aus Obdachlosigkeit und Illegalität schließlich in eine angesehene akademische Position führte, erzählt er gern. Vor allem aber ist er damit beschäftigt, seine eigene Disziplin zu bekämpfen. Die griechisch-römischen Klassiker bezeichnete er als „halb-vampirisch, halb-kannibalisch“. Applaus gab es – wohlgemerkt von Kollegen – dafür, als er die Hoffnung zum Ausdruck brachte, dass das Fach sterben werde, „und zwar sobald als möglich“.

Gegen „weiße Vorherrschaft“

Dass es sich nicht um eine Einzelmeinung handelt, zeigt die Zustimmung. Die in den USA um sich greifenden Bestrebungen, die Antike nicht nur zu marginalisieren, sondern die historisch-literarischen Gegenstände zu kriminalisieren und regelrecht zu verbannen, werden von der Allgemeinheit momentan nur am Rande wahrgenommen und thematisiert. Ausgehend von besagter Tagung und einer Veröffentlichung der französischen Zeitung „Le Figaro“ greift die „Tagespost“ eine Reihe weiterer, aktueller Stimmen auf, denen die wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit der Antike und deren Vermittlung nicht mehr genügt. 

Der in Stanford lehrende Althistoriker Ian Morris beispielsweise beklagt, dass die klassische Antike ein „euroamerikanischer Gründungsmythos“ sei und fragt: „Will man solche Dinge wirklich?“ Eine andere Professorin sieht in dem Fach „ein Produkt und einen Komplizen der weißen Vormachtstellung“. Die Altertumswissenschaftlerin Donna Zuckerberg schlägt ganz große Bögen, indem sie einer „Disziplin, die in den Faschismus und den Kolonialismus historisch verwickelt gewesen ist, und die weiterhin mit weißer Vorherrschaft und Frauenfeindlichkeit in Verbindung gebracht wird“, keine große Zukunft mehr voraussagt. Gern fällt im Zusammenhang mit antiken Werken neuerdings der Begriff „toxisch“.

Niveau sinkt auch in Deutschland

Die Zurückdrängung der altphilologischen Ausbildung, die Erhebung über die „toten“ Sprachen ist auch hierzulande zu beobachten. Ebenso das Absenken der universitären Ansprüche: Inzwischen ist es in Deutschland möglich, einen Abschluss im Fach Alte Geschichte zu erwerben, ohne jemals eine Stunde Latein- oder Griechischunterricht absolviert zu haben. Die Lehre wird reduziert, selbst Dozenten sagen, von vertiefender Wissenschaftlichkeit könne mitunter keine Rede mehr sein. 

Die aktive Bekämpfung der Antike aus dem eigenen Fach heraus, wie sie gerade jenseits des Atlantiks stattfindet, ist hierzulande noch nicht zu beobachten. Bei dem derzeitigen rasanten Niveauverlust hat die klassische Altertumskunde allerdings gute Chancen, sich abgeschafft zu haben, bevor sich eine ahistorische Moral-Debatte daran macht, ihr den Todesstoß zu versetzen.