19.04.2024

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Folge 15-21 vom 16. April 2021 / Kommentare / Purer Zynismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-21 vom 16. April 2021

Kommentare
Purer Zynismus
Manuela Rosenthal-Kappi

Den Import eines nachgewiesenermaßen wirksamen Medikaments gegen COVID-19 aus politischem Kalkül zu verhindern ist genauso zynisch, wie die Vergiftung und die menschenunwürdigen Haftbedingungen des Putin-Herausforderers Alexej Nawalnyj herunterspielen zu wollen. 

Dennoch: Müsste es nicht für alle Regierenden weltweit das Gebot der Stunde sein, alles zu unternehmen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und das Leben von Abermillionen Menschen zu schützen? So sollte man meinen. Doch zumindest für die EU und Deutschland trifft das offenbar nicht zu. Pannen über Pannen, Chaos bei der Beschaffung von Masken, Tests und Impfdosen – so sieht die Realität aus. Das Hin und Her um das russische Vakzin Sputnik V und das Ausscheren einiger EU-Staaten aus der sogenannten Impfallianz wirft ein grelles Licht auf die Einheit der Union. Im Zweifelsfalle wollen sich die Mitglieder – vor allem an der Ostflanke, aber auch Österreich und Italien – nicht auf Brüssel und Ursula von der Leyen an der Spitze der Kommission verlassen. Der Umgang mit Russland bereitet denjenigen Ländern, denen das Land seit Jahrzehnten ein zuverlässiger Partner ist, zunehmend Bauchschmerzen. Immer mehr Widerstand regt sich sowohl gegen die Sanktionen als auch dagegen, Sputnik V als reines Propagandamittel des Kreml zu erachten. Wo Solidarität statt Polarisierung gefragt wäre, schafft die EU bürokratische Hürden und lässt sich bei einem so wichtigen Thema wie der Pandemiebekämpfung auf ein Ost-West-Kräftemessen im Zeichen eines neuen Kalten Krieges ein. 

So wie es im Augenblick aussieht, soll durch das Schneckentempo, mit der die Europäische Arzneimittelagentur Sputnik V prüft, die Zulassung des Impfstoffs für die EU hinausgezögert werden, in der Hoffnung, dass bis dahin genügend Impfdosen der westlichen Hersteller auf dem europäischen Markt verfügbar sind. Die Folgen tragen die Normalbürger der EU, die auf eine Herdenimmunität durch ausreichende Impfungen wohl lange warten müssen.