20.04.2024

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Folge 15-21 vom 16. April 2021 / 70 Jahre EGKS-Vertrag / Als der Schuman-Plan Realität wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-21 vom 16. April 2021

70 Jahre EGKS-Vertrag
Als der Schuman-Plan Realität wurde
Wolfgang Kaufmann

Die Keimzelle der Europäischen Union war die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), vielfach auch Montanunion genannt. Zentrale Institutionen dieser ersten supranationalen Organisation der Geschichte, in der es zur Verlagerung von nationalstaatlichen Zuständigkeiten auf eine höhere, überstaatliche Ebene kam, wurden später EU-Institutionen. Die Hohe Behörde der EGKS mutierte nachfolgend zur Europäischen Kommission, der Besondere Ministerrat zum Rat der EU und die Gemeinsame Versammlung zum Europäischen Parlament.

Die Gründung der EGKS resultierte aus einem Vorschlag des französischen Außenministers Robert Schuman vom Mai 1950, die Aufsicht über die Kohleförderung und Stahlproduktion Frankreichs und Deutschlands einer gemeinsamen Behörde zu unterstellen. Durch die Vergemeinschaftung der beiden kriegswichtigen Güter sollte der innereuropäische Friede gesichert werden. Frankreich versprach sich davon Zugriff auf die deutsche Ruhrkohle und Ruhrindustrie, Bundeskanzler Konrad Adenauer eine beschleunigte Integration der Bundesrepublik in die westliche Staatengemeinschaft und eine Befreiung vom Ruhrstatut.

Allerdings gab es auch viel Kritik an dem Projekt. So wurde es als „Super-Sozialismus“ oder Ende jeglicher Marktwirtschaft bezeichnet. Die Sorge vor der heutigen Eurokratie gab es schon damals. Vertreter Luxemburgs sprachen von einem „Verwaltungsmonster“. Der französische Branchenverband Chambre Syndicale de la Sidérurgie Française (CSSR) prophezeite einen „Dirigismus übelster Art“. Und die deutsche Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie 

(WVESI) unterstellte Paris, „die deutschen Hüttenbesitzer an die Leine … legen“ zu wollen. 

Ungeachtet der Kritik erfolgte die Gründung der EGKS durch den am 18. April 1951 unterzeichneten Vertrag von Paris, der am 23. Juli des Folgejahres in Kraft trat. Mitgliedsstaaten waren neben Frankreich und der Bundesrepublik die benachbarten heutigen Beneluxstaaten und das rohstoffarme Italien, das am Zugriff auf französisches Eisenerz und deutsche Steinkohle interessiert war. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von einem halben Jahrhundert. Die in ihm behandelten Fragen werden heute durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union geregelt.